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Die Bundesregierung verlängert erneut die Corona-Arbeitsschutzverordnung und ergänzt sie um neue Vorgaben. Was ist neu? Was bleibt? Und was gilt in Sachen Fragerecht und „3-G-Regelung“ im Arbeitsverhältnis?

Die Änderungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung treten am 10. September 2021 in Kraft. Die Verlängerung wird an die Dauer der epidemischen Lage gekoppelt und die Verordnung tritt spätestens zum 24. November 2021 außer Kraft.

Corona-Arbeitsschutzverordnung: Was ist neu?

Folgende Vorgaben hat die Bundesregierung im Rahmen der Corona-Arbeitsschutzverordnung neu eingeführt:

Arbeitgeber können den Impf- oder Genesenenstatus ihrer Beschäftigten bei der Festlegung der erforderlichen Schutzmaßnahmen berücksichtigen – sofern dieser bekannt ist.

Eine Auskunftspflicht der Beschäftigten über ihren Impf- oder Genesenenstatus gibt es weiterhin nicht. Eine solche Pflicht forderten zwar Arbeitgeberverbände und Vertreter aus der juristischen Wissenschaft im Vorfeld der Neuregelung. Doch sie ist ausdrücklich nicht vorgesehen (so die Begründung zum Referentenentwurf zur Anpassung der Corona-ArbSchV vom 17.06.2021, S. 7).

Neu ist auch, dass nun Arbeitgeber in die Nationale Impfkampagne eingebunden werden. Bislang durften Arbeitgeber Impfungen über ihre Betriebsärzte anbieten.

Künftig müssen sie ihren Beschäftigten ermöglichen, sich auch während der Arbeitszeit gegen Corona impfen zu lassen.

Außerdem müssen Arbeitgeber Beschäftigte über die Risiken einer Infektion mit COVID19 informieren – ebenso wie über Möglichkeiten einer Schutzimpfung. Erfolgt die Impfung, muss der Arbeitgeber Betriebsärzte und ihre überbetriebliche Dienste organisatorisch und personell unterstützen.

Impfung muss während Arbeitszeit stattfinden

Ob der Arbeitgeber seine Beschäftigten bezahlt oder unbezahlt freistellen muss, geht aus der Neuregelung nicht hervor. Klar ist nur, dass er eine Impfung während der Arbeitszeit zu ermöglichen hat. Die ersten Stimmen hierzu gehen von einer bezahlten Freistellung aus.

Auch offen ist, ob sich die Rechtsgrundlage für die Bezahlung in der Verordnung finden lassen soll/kann oder ob sich dies aus dem Grundsatz der Vergütungspflicht bei Arbeitsverhinderung aus persönlichen Gründen (§ 616 BGB) ergeben soll. Von letzterer wäre es möglich abzuweichen.

Durch die Neuregelung sollen Arbeitgeber, so Bundesarbeitsminister Heil, „ihre Anstrengungen ausweiten, noch ungeimpfte Beschäftigte zu einer Schutzimpfung zu motivieren“. Damit werden Arbeitgeber in die Pflicht genommen, die ins Stocken geratene Impfkampagne weiter voranzutreiben.

Allerdings gibt es keine Entlastungen für diese zusätzliche Aufgabe. Auch die bislang schon weitreichenden Pflichten aus der Corona-Arbeitsschutzverordnung gelten unverändert weiter.

Was bleibt in Sachen Corona-Arbeitsschutzverordnung?

So gilt unverändert weiterhin:

Arbeitgeber müssen betriebliche Hygienepläne wie bisher erstellen und aktualisieren, umsetzen und geeignet für die Beschäftigten zugänglich machen. Dazu sind weiterhin die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln und branchenbezogene Praxishilfen der Unfallversicherungsträger heranzuziehen.

Arbeitgeber bleiben weiterhin verpflichtet, in ihren Betrieben mind. zweimal pro Woche für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Präsenz Schnell- oder Selbsttests zu ermöglichen.

Die Beschäftigten müssen nach wie vor nicht dieses Testangebot annehmen oder über das Testergebnis Auskunft geben.

Betriebsbedingte Kontakte und die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen müssen weiterhin auf das nötige Minimum reduziert bleiben. Damit bleibt auch die Arbeit im Homeoffice weiterhin Bestandteil betrieblicher Hygienekonzepte.

Arbeitgeber müssen mindestens medizinische Gesichtsmasken bereitstellen – wo andere Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz gewähren.

Auch während der Pausenzeiten und in Pausenbereichen muss der Infektionsschutz gewährleistet bleiben.

Fragerecht nur in bestimmten Bereichen

Die Bundesregierung will neue Änderungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) verabschieden. Der Bundesrat soll den Änderungen in einer Sondersitzung am 10. September 2021 zustimmen. Geplant ist eine Erweiterung des § 28a IfSG in Absatz 3 um ein – zeitlich begrenztes – Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus in bestimmen sensiblen Bereichen, wie Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen.

Gleichzeitig wird dem Arbeitgeber ermöglicht, die erhobenen Daten zum Zwecke der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder über die Art und Weise der Beschäftigung zu verarbeiten. Im Übrigen wird auf das allgemeine Datenschutzrecht verwiesen.

Ausblick zum Fragerecht und „3-G-Regelung“ im Arbeitsverhältnis

Ob darüber hinaus alle Arbeitgeber ein Recht auf Auskunft über den Impf- oder Genesenenstatus haben (sollen), bleibt vorerst ungeklärt. Man scheint sich allein darin einig zu sein, dass es – bis auf wenige Ausnahmen – einer gesetzlichen Grundlage bedarf, um Arbeitgebern ein solches Recht zuzugestehen.

Heil gegen Impfstatusabfrage von Arbeitgebern

So hat sich Bundesarbeitsminister Heil erst ausdrücklich gegen eine Impfstatusabfrage von Arbeitgebern unter Beschäftigten ausgesprochen. “Ein generelles Auskunftsrecht des Arbeitgebers wird es nicht geben können, das Arbeitsrecht gibt das nicht her“, erklärte er am 1. September 2021 in der ARD.

Es gehe nicht, “dass wir sehr persönliche Daten über den Gesundheitsstatus allen zugänglich machen“. Es sei zwar weiter wichtig, dass die Arbeitswelt nicht zum Infektionsherd werde. “Was nicht geht, ist, dass wir sehr persönliche Daten über den Gesundheitsstatus allen zugänglich machen“, so Heil.

Spahn und Altmaier plädierten für Fragerecht des Arbeitgebers nach Impfstatus

Gesundheitsminister Spahn und Wirtschaftsminister Altmaier dagegen plädierten daraufhin vorsichtig für ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus. Innerhalb der Regierung sei man sich einig, dass es ein Fragerecht zunächst nur in besonders sensiblen Bereichen, wie Pflegeheimen, Kitas oder Schulen geben soll.

Eine weiter gefasste Auskunftspflicht, etwa für den Zutritt zum Großraumbüro, werde es aber zunächst nicht geben. Hierfür fehle die Mehrheit im Parlament.

Bundesdatenschutzbeauftragter Kelber zum Auskunftsrecht

Bundesdatenschutzbeauftragter Ulrich Kelber sagte dem Deutschlandfunk, er halte ein mögliches rechtssicheres Arbeitgeber-Auskunftsrecht grds. für vorstellbar – allerdings nur in einer Übergangszeit, zu einem bestimmten Zweck und unter bestimmten Bedingungen, also etwa nur im Rahmen einer pandemischen Lage.

Dabei dürfe der Arbeitgeber nur allg. Informationen erhalten, z.B. im Rahmen einer 3G-Regelung. Danach ist der Zugang zum Betrieb nur Geimpften, Genesenen oder (negativ) Getesteten zu gewähren: “Wenn man sagt, wir stellen Geimpfte, Genesene und Getestete gleich, dann muss der Arbeitgeber natürlich nicht wissen, welchen dieser drei Teilstati man erfüllt“, sagte Kelber am 1. September 2021 im Deutschlandfunk.

Wichtig sei vor allem, dass der Arbeitgeber nicht automatisch erfährt, ob jemand genesen oder geimpft ist – denn das wäre ja auch ein Hinweis auf mögliche Langzeitschäden aus einer Long-Covid-Erkrankung.

Wie geht es weiter?

Das Tätigwerden des Gesetzgebers ist zu begrüßen. Eine gesetzlichen Regelung zu einem – zeitlich befristeten – Fragerecht des Arbeitgebers in anderen als den genannten sensiblen Bereichen ist jedoch unwahrscheinlich.

Die Forderungen hiernach dürften so schnell zwar nicht verstummen. Auch könnte die bevorstehende Bundestagswahl ein guter Anlass sein, sich klar zu dieser Frage zu positionieren. Wahrscheinlicher erscheint jedoch, dass eine Klärung dieser Frage bis zur nächsten Legislaturperiode „vertagt“ wird. Entsprechendes gilt für „3-G-Regelungen“ im Arbeitsverhältnis.

Im Einzelfall können solche Regelungen zwar zulässig sein. Ohne gesetzliche Grundlage, die die Grenzen einer 3-G-Regelung im Arbeitsverhältnis klar konturiert, bleibt jedoch ebenfalls dieser Weg mit Risiken behaftet.

Auch insofern wäre es wünschenswert, Arbeitgeber angesichts steigender Impfquoten nicht länger im Dunkeln über rechtssichere Möglichkeiten zur Lockerung ihrer Hygienekonzepte zu lassen – vor allem, wenn sie gleichzeitig zum Vorantreiben der Impfkampagne eingespannt werden.

Author

Katja Häferer ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Author

Miriam Siemen ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern