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Am 8. Dezember 2023 legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz („BMWK“) die Stromspeicher-Strategie vor. Das Strategiepapier gibt einen Überblick über Maßnahmen und Herausforderungen bei der Etablierung von Stromspeichern. Die Stromspeicher-Strategie zielt darauf ab, den Ausbau und die Integration von Stromspeichern zu fördern und so die Energiewende zu unterstützen. Ein Überblick.

Bis 2035 soll der Stromsektor in Deutschland weitgehend ohne die Emission von Treibhausgasen auskommen. Das erfodert den weiteren Ausbau erneuerbarer Energien. Auch wenn sich die Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik (PV) im Jahresverlauf gut ergänzt, braucht es durch deren stark wachsende Anteile an der Produktion künftig mehr Flexibilität im Energiesystem. Während 2022 etwa 254 Terawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland erzeugt wurden, sollen 2030 schon 600 TWh Strom aus regenerativen Quellen stammen. Hier ist das Land besonders auf einen Markthochlauf von Stromspeichern angewiesen, v.a. von Batteriespeichersystemen.

Welche Rolle spielen Stromspeicher?

Stromspeicher können eine wichtige Rolle im Energiesystem übernehmen, indem man sie auf verschiedenen Ebenen zur Förderung von Flexibilität und Stabilität einsetzt werden. Bisher dominieren hier noch Pumpspeicherkraftwerke (PSW) und Batteriespeicher (Großbatterien und dezentrale Heimspeicher), die den Strom nur vorübergehend zwischenspeichern und dann wieder in das Netz ausspeisen.

1. Energieverbrauch: Durch Stromspeicher kann die Energiebereitstellung zeitlich verschoben und damit an die jeweiligen Erfordernisse angepasst werden.

2. Leistungsspeicher für Energieübertragung: Es ist auch möglich, die Stromspeicher zur Frequenzstabilisierung zu nutzen. Als Leistungsspeicher können sie kurzfristige Leistungsspitzen aufnehmen oder abgeben, um die Stabilität der Stromversorgung zu unterstützen.

3. „Netzbooster“: Großbatterien sollen zudem als „Netzbooster“ eingesetzt werden, um das Energiemanagement an großen Industriestandorten und die Netzbetriebsführung zu optimieren. Dafür integriert man die Großbattieren in der Nähe großer PV-Anlagen und Windparks in das (lokale) Netz.

4. Energieverteilung: Die Speicher können außerdem Überschuss-Szenarien reduzieren.

Wie werden Stromspeicher unter dem bestehenden Rechtsrahmen gefördert?

Das BMWK sieht derzeit einen hohen Bedarf an Stromspeichern und keine absehbaren (neuen) Hindernisse für deren Wirtschaftlichkeit. Mit einigen Verbesserungen des nationalen Rechtsrahmens für Stromspeicher in den letzten Jahren trug der Gesetzgeber zu einem günstigen Marktumfeld v.a. für Großspeicher bei, besonders durch Netzentgelt-, Umlagen- und Stromsteuerbefreiungen, die unter bestimmten Voraussetzungen gewährt werden.

Daher schätzt das BMWK es schon heute als wirtschaftlich ein,  Stromspeicher zu errichten und zu betreiben. Künftig werden nach einer neuen Festlegung der Bundesnetzagentur („BNetzA„) außerdem Kleinspeicher als steuerbare Verbrauchseinrichtung behandelt – und können so von verringerten Netzentgelten profitieren (s. BNetzA,  BK6-22-300, Beschluss vom 27.11.2023) .

Welche Hemmnisse gibt es bei der Etablierung von Stromspeichern?

Wegen dieser Privilegierungen von Stromspeichern ist lt. BMWK ein wirtschaftlicher Betrieb von Stromspeichern schon heute möglich. Auch die Rahmenbedingungen für einen marktgetriebenen Hochlauf stimmen grundsätzlich. Dennoch  gibt es weiterhin verschiedene Faktoren, die den Stromspeicherhochlauf noch immer einschränken können:

  • Unterschiedliche Zuständigkeiten: Einzelne Aspekte i.Z.m. dem (Aus-)Bau von Stromspeichern betreffen unterschiedliche Fach- und Rechtsgebiete und damit auch unterschiedliche Behörden. Das verzögertAnpassungen im regulatorischen Rahmen und die Planung für Private.
  • Baukostenzuschüsse an die Netzbetreiber: Die Netzbetreiber können für den Netzanschluss von Stromspeichern Baukostenzuschüsse erheben, die teilweise beträchtliche Summen erreichen. Außerdem divergiert die Praxis der verschiedenen Netzbetreiber erheblich, was die Erhebung und Höhe betrifft. Das OLG Düsseldorf erklärte in einer aktuellen Entscheidung die Berechnung der Höhe von Baukostenzuschüssen nach dem Leistungspreismodell für sog. „Graustrom“-Speicher für rechtswidrig  (OLG Düsseldorf, Beschluss. v. 20.12.2023 – 3 Kart 183/23). Gegen diese Entscheidung wurde Rechtsmittel zum BGH eingelegt. Man muss daher abwarten, wie der BGH in der Sache entscheiden wird und wie die BNetzA und die Netzbetreiber bis zu dessen Entscheidung die Erhebung von Baukostenzuschüssen künftig handhaben werden.
  • Netzentgelte: Derzeit enthalten § 118 Absatz 6 EnWG und § 19 Absatz 2 und 4 StromNEV Sonderregelungen, die die Netzentgelte für Großspeicher weitgehend oder vollständig entfallen lassen. Für andere Speicher werden dagegen weiterhin Netzentgelte erhoben. Die Frist für diese „Übergangslösung“ wurde zwar im November 2023 bis zum Jahr 2029 verlängert. Doch das geht wegen der langen Planungs- und Amortisationszeiträume mit Rechtsunsicherheiten einher, was die spätere Behandlung betrifft.

Welche Strategien führt das BMWK auf?

Abgrenzung zwischen Grün- und Graustrom
Das BMWK hat sich als Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für eine kombinierte Ein- und Ausspeisung von Grün- und Graustrom zu prüfen. So will es verhindern, dass die EEG-Förderung für den zwischengespeicherten Grünstromanteil verloren geht. Denn das ist unter dem jetzigen Rechtsrahmen noch der Fall. Künftig soll es möglich sein, Speicher für unterschiedliche Zwecke flexibel einzusetzen.

Integration von EE-Anlagen durch Speicher
Auch im Hinblick auf den Ausbau von Batteriespeichern in der Nähe von Solarparks sieht das BMWK Potenziale für die Wirtschaftlichkeit. Das BMWK strebt hier eine Weiterentwicklung an, was zudem netzentlastende Effekte haben kann. Auch die jüngst vorgestellte Kraftwerkstrategie für wasserstofffähige Kraftwerke der Bundesregierung betont, dass Speicher miteinbezogen werden sollen.

Befreiung von Netzentgelten
In den Ausführungen des BMWK klingt zwar Sympathie für eine Fortführung der bisherigen Netzentgeltbefreiungen für Stromspeicher an. Allerdings obliegt die Entscheidung hierüber aber allein der BNetzA wegen der Vorgaben des EuGH zur Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde.

Baukostenzuschüsse
Die BNetzA hat bereits mit dem Prüfprozess für vereinheitlichte Regelungen und verbindliche Vorgaben für Baukostenzuschüsse begonnen. Damit will sie den Hochlauf von Großbatteriespeichern beschleunigen. Hier ist auch die weitere Entwicklung im Hinblick auf die angesprochene Entscheidung des OLG Düsseldorf zu beachten.

Beschleunigung von Netzanschlüssen
Es wird geplant, die Beschleunigung von Netzanschlüssen so schnell wie möglich umzusetzen. Relevant sind v.a. die „Vereinheitlichung der Technischen Anschlussbedingungen“, die „Vereinfachung des Netzanschlussverfahrens“, die „Nutzbarmachung von Netzkapazitäten“ und der Punkt „Kostentransparenz“. Zudem sollen hybride Netzverknüpfungspunkte die Netzausbaukosten senken und zu mehr Systemstabilität beitragen.

Weitere Strategien des BMWK

Systemstabilität
Stromspeicher sollen künftig einen stärkeren Beitrag zur Systemstabilität leisten. Um dies zu gewährleisten, soll  v.a. die Bundenetzagentur ein marktgestütztes Beschaffungssystem im Rahmen des § 12h EnWG erarbeiten.

Akzeptanzförderung vor Ort
Außerdem plant das BMWK, die Standortgemeinden zu stärken. Eine Idee ist, die Gewerbesteuer auf Standortgemeinden umzulegen. Hierfür ist allerdings das Bundesfinanzministerium (BMF) und nicht das BMWK zuständig. Außerdem strebt das BMWK an, eine finanzielle Beteiligung von Kommunen an Stromspeicherprojekten zu ermöglichen.

Abbau von genehmigungsrechtlichen Hemmnissen
Das BMWK führt den Abbau von genehmigungsrechtlichen Hemmnissen an. Die Ausführungen sind jedoch ziemlich vage. Dieser Baustein taucht allerding regelmäßig in verschiedenen Strategiepapieren auf, ohne dass er umgesetzt wird, z.B. in der nationalen Wasserstoffstrategie (s. auch unseren Kompass-Blogbeitrag zur nationalen Wasserstoffstrategie).

Nächste Schritte

Das BMWK gab den Branchenverbänden bis zum 16. Januar 2024 die Gelegenheit, zur Stromspeicher-Strategie Stellung zu nehmen. U.a. der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) nahmen kürzlich Stellung zur Stromspeicher-Strategie. 

Die Branchenverbände sind sich einig: Die Stromspeicher-Strategie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung besserer Rahmenbedingungen. Gleichwohl machen sie deutlich, dass dies nicht ausreicht. Vielmehr fordern sie konkrete Ziele und Zeitpläne.

Dem ist zuzustimmen: Die vorgelegte Stromspeicher-Strategie ist ein positiver Schritt,  denn sie betont sie die besondere Bedeutung von Stromspeichern im Rahmen der Energiewende.

Dennoch bleiben Zweifel daran, wie sich diese Strategie praktisch niederschlagen wird – nicht nur wegen der zum Teil vagen Vorgaben, sondern auch, weil die Umsetzung nicht allein in der Hand des BMWK und der Bundesregierung liegt.

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Claire Dietz-Polte ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Nico Rüpp ist Law Clerk bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Holger Engelkamp ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern