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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin (BMAS) veröffentlichte am 5. Juni 2019 eine Stellungnahme in Sachen Dienstreisen. Für kurzfristige oder kurzzeitige Dienstreisen nach Deutschland benötigt man keine vorherige Bescheinigung A1. Unternehmen sollten sich informieren, wie das  EU/EWR Ausland und die Schweiz dies handhaben, um Bußgelder und Compliance-Verstöße zu vermeiden.

Grenzüberschreitende Geschäftsreisen von Arbeitnehmern gehören zum Alltag vieler Unternehmen. Für Auslandsdienstreisen im EU/EWR-Ausland und der Schweiz ist eine sog. „Bescheinigung A1“ zu beantragen.

Sie dient als Nachweis, dass für den Arbeitnehmer während der Auslandsdienstreise nur das Sozialversicherungsrecht im Herkunftsland gilt.

Nach den aktuellen europarechtlichen Vorgaben muss der Arbeitgeber die Bescheinigung A1 bei jeder Erwerbstätigkeit in den Mitgliedstaaten, den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen sowie der Schweiz einholen – und zwar einzeln und im Voraus, also bevor ein Arbeitnehmer in diese Staaten seine Dienstreise antritt.

Der zuständige Sozialversicherungsträger händigt die Bescheinigung dem Arbeitgeber aus, der sie wiederum dem Arbeitnehmer überreicht. Der Arbeitnehmer muss sie dann auf der Geschäftsreise mitführen.

Drohende Bußgelder

Werden diese Verpflichtungen nicht eingehalten, sind Arbeitgeber dem Risiko von Bußgeldern ausgesetzt, soweit die nationalen Rechtsordnungen diese vorsehen. Das betrifft v.a. Frankreich und Österreich.

Hier werden verstärkt Kontrollen durchgeführt und es drohen Bußgelder (zw. 1.000 und 10.000 Euro bei Erstverstößen in Österreich und bis zur Beitragsbemessungsgrenze von aktuell 3.377 Euro in Frankreich).

Dass Unternehmen vorab eine Bescheinigung A1 einholen müssen, führt allerdings zu einem erheblichen bürokratischen Aufwand – gerade bei kurzzeitigen Dienstreisen von wenigen Tagen oder kurzfristig anberaumten Dienstreisen.

Auch wenn die Bescheinigung A1 mittlerweile nur noch elektronisch beantragt werden kann, müssen dennoch die relevanten Daten der Dienstreise an den Sozialversicherungsträger vorab übermittelt werden.

Worum geht es in der neuen Stellungnahme des BMAS?

Das BMAS vertritt die Auffassung: Nicht für jede Dienstreise muss vorab eine Bescheinigung A1 beantragt werden. Es liege im Ermessen der Mitgliedstaaten, wie sie dies handhaben.

Es reiche aus, wenn bei kurzfristigen oder kurzzeitigen Dienstreisen nach Deutschland die Bescheinigung A1 bei Bedarf nachträglich beantragt wird, z.B. bei Kontrollen durch den Zoll.

Als „kurzzeitig“ nennt das BMAS Dienstreisen von bis zu einer Woche. Was „kurzfristig anberaumt“ bedeutet, definiert das BMAS nicht.

Da jedoch eine Woche als „kurzzeitig“ betrachtet wird, kann davon ausgegangen werden, dass Dienstreisen als „kurzfristig“ gelten, wenn sie mit einer Vorlauffrist von max. einer Woche anberaumt werden.

Was bedeutet dies für die Praxis?

Der aktuelle Hinweis des BMAS ist zu begrüßen. Er erleichtert die Handhabung in Deutschland und schafft Klarheit, wie die deutschen Behörden die europäischen Vorgaben auszulegen haben.

Gerade seit einige Mitgliedsstaaten die Kontrollen erhöht haben und Bußgelder verhängt werden, haben viele Unternehmen Vorkehrungen getroffen, um Bescheinigungen A1 nicht nur bei längerfristigen Entsendungen, sondern auch bei kurzzeitigen oder kurzfristigen Dienstreisen zu beantragen. Dieser administrative Aufwand wird nun geringer.

Es ist allerdings zu beachten, dass die Stellungnahme des BMAS allein für Dienstreisen nach Deutschland gilt. Für Dienstreisen in andere EU/EWR Mitgliedstaaten bzw. die Schweiz trifft das BMAS keine verbindlichen Aussagen.

Ob die Bescheinigung A1 dort vor Beginn einer Dienstreise vorliegen muss oder nachgereicht werden kann und welche Risiken bestehen, beurteilt sich nach lokalem Recht.

Bußgelder und Compliance-Verstöße vermeiden

Das gilt auch für die Frage, ob Bußgelder drohen, wenn die lokalen Anforderungen nicht beachtet werden. Unternehmen, deren Arbeitnehmer regelmäßig geschäftlich ins Ausland reisen, ist dringend zu empfehlen, sich einen Überblick über die jeweiligen Anforderungen zu verschaffen. Nur so können sie Bußgelder und Compliance-Verstöße vermeiden.

Von solchen Maßnahmen würden dann auch die Mitarbeiter der Unternehmen profitieren. Denn in manchen Ländern droht sogar der Verlust von Soziallleistungen, z.B. bei einem Arbeitsunfall auf der Dienstreise.

 

Author

Katja Häferer ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Author

Agnes Herwig ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern