Welche Risiken müssen Unternehmen im Blick haben, wenn sie externe Mitarbeiter einsetzen? 2017 verschärfte der Gesetzgeber die Vorgaben für den Einsatz von Fremdpersonal bei einer Arbeitnehmerüberlassung. Inzwischen führen die Behörden auch beim Einsatz von Freiberuflern zunehmend Kontrollen durch. Was ist zu tun? Ein Überblick.
Risiko der Festanstellung mit der Anwendung zwingenden Arbeits(schutz)rechts
Bei einer Scheinselbständigkeit oder verdeckten bzw. illegalen Arbeitnehmerüberlassung besteht arbeitsrechtlich das Risiko eines vollwirksamen Arbeitsverhältnisses i.S.d. § 611 a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Ein solches Arbeitsverhältnis ist hier aber gerade nicht gewollt.
Die Vertragsgestaltung und Bezeichnung der Tätigkeitsform, die die Vertragsparteien vornehmen, ist nur ein Indiz dafür, wie das Arbeitsverhältnis rechtlich einzuordnen ist. Vielmehr ist entscheidend, wie das Vertragsverhältnis in die Praxis umgesetzt wird (§ 611 a Abs. 1 S. 6 BGB).
Handelt es sich, z.B. wegen der Eingliederung in den Betrieb und der Weisungsgebundenheit des Personals, um ein Arbeitsverhältnis, kann sich der Fremdmitarbeiter auf alle Arbeitnehmerschutzrechte berufen. Dazu zählt etwa der gesetzliche Kündigungsschutz. Es ist ihm zudem möglich, bspw. Ansprüche auf bezahlten Urlaub und Entgeltfortzahlung bei Krankheit geltend zu machen.
Das Unternehmen muss sich den strengen Vorgaben des deutschen Arbeitsrechts stellen, wenn es darum geht, den Einsatz durchzuführen und zu beenden.
(Nach-)Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer
Außerdem muss das Unternehmen bei einem Arbeitsverhältnis für die Zukunft und auch für die Vergangenheit Sozialversicherungsbeiträge abführen und die Lohnsteuer einbehalten. Für zurückliegende Zeiträume fallen zusätzlich für jeden angefangen Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 Prozent des ausstehenden Betrags an: § 24 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV] bzw. § 240 Abgabenordnung [AO]).
Je nachdem, wie viele unzutreffend klassifizierte Mitarbeiter das Unternehmen eingesetzt hat und über welchen Zeitraum dies geschah, kann die Nachzahlung für das Unternehmen existenzgefährdend sein.
Geschäftsführer, Vorstände und weitere Führungskräfte können sich strafbar machen
Ein weiteres Risiko für die gesetzlichen Vertreter der Unternehmen besteht im Strafrecht. Persönlich trifft dieses Risiko Geschäftsführer und Vorstände der Einsatzunternehmen. Auch andere Führungskräfte, die einen rechtswidrigen Fremdpersonaleinsatz maßgeblich verantworten, können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.
Möglich ist, dass in der Vergangenheit trotz einer tatsächlich bestehenden Pflicht für angebliche Fremdmitarbeiter keine Sozialversicherungsbeiträge abgeführt und Lohnsteuern einbehalten wurden. Zudem wurde in solchen Fällen regelmäßig ein unberechtigter Vorsteuerabzug vorgenommen. Hier besteht das Risiko einer Strafbarkeit wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266 a Strafgesetzbuch (StGB) und wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO.
Danach drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. In besonders schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren möglich (§ 266 a Abs. 4 StGB; § 370 Abs. 4 AO).
Beachtlich: Die Strafgerichte gehen i.d.R. schon ab einem vorenthaltenen oder hinterzogenen Betrag von 50.000 Euro von einem solchen besonders schweren Fall aus. In der Praxis ist diese Grenze bei einem länger andauernden und umfangreichen Einsatz von Fremdpersonal schnell überschritten.
Empfindliche Bußgelder bis zu 10 Millionen Euro drohen
Neben der Sanktionierung durch Strafbarkeit können Verstöße als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Dies kann ein empfindliches Bußgeld nach sich ziehen.
Je nach Art des Rechtsverstoßes können diese bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bis zu 500.000 Euro betragen (§ 16 Abs. 2 AÜG).
Noch höhere Bußen sind nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) möglich: Gegen das Einsatzunternehmen könnten Bußgelder in Höhe von bis zu 10 Millionen Euro und gegen Vorstände oder Geschäftsführer persönlich in Höhe von bis zu 1 Million Euro verhängt werden (§ 30 Abs. 2 OWiG; § 130 Abs. 2 OWiG).
Zudem können Unternehmen wegen eines Eintrags im Gewerbezentralregister wegen einer strafrechtlichen Verurteilung oder einer Bußgeldentscheidung ab einem Betrag in Höhe von 200 Euro von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden (vgl. § 149 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Nr. 4 Gewerbeordnung [GewO], sog. „Blacklisting“).
Dass es sich beim Strafbarkeits- und Bußgeldrisiko nicht nur um eine theoretische Gefahr handelt, zeigt die Jahresstatistik der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) für das Jahr 2017: Danach leitete der Zoll allein 2017 insgesamt 107.903 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten und 26.142 Ermittlungsverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein.
Persönliches Haftungsrisiko für das Management
Neben dem Bußgeld- und Strafbarkeitsrisiko sollten Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer auch mit Blick auf eine (zusätzliche) zivilrechtliche Verantwortlichkeit Vorkehrungen im Unternehmen treffen. So können sie ihr Haftungsrisiko senken.
Für Schäden, die aus einem rechtswidrigen Fremdpersonaleinsatz entstehen, können Unternehmen gesetzliche Vertreter auch persönlich in Anspruch nehmen. Bei vorsätzlichem Handeln greift dann auch eine üblicherweise bestehende D&O-Versicherung regelmäßig nicht.
Werden Vorstände und Geschäftsführer nach § 266a StGB zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt, dürfen sie ihr Amt fünf Jahre lang nicht ausüben.
Präventive Compliance-Maßnahmen und geordnetes Schadensmanagement
Sowohl aus Unternehmenssicht als auch mit Blick auf das persönliche Haftungs- und Strafbarkeitsrisiko der Führungskräfte bedarf es eines unternehmensinternen Compliance-Konzepts. Mit diesem können Unternehmen existenzgefährdende wirtschaftliche und (straf-)rechtliche Risiken ausschließen.
Welche Präventionsmaßnahmen Unternehmen ergreifen sollten und wie sie bereits begangene Verstöße aufarbeiten können, zeigen die weiteren Blog-Beiträge unserer Reihe zum rechtskonformen Fremdpersonaleinsatz mit Hilfe eines Compliance Systems und zum Schadensmanagement bei bereits erfolgten Verstößen, die in Kürze folgen.