Search for:

Produkt-Leaks ziehen oft ein großes Interesse auf sich. Die unautorisierte Veröffentlichung von Produktinformationen ist meist ein Ärgernis für die betroffenen Unternehmen. Doch gezielt platzierte Leaks lassen sich auch als Werbemittel einsetzen. Ist solche Werbung überhaupt rechtlich zulässig?

Produkt-Leaks als Mittel gezielter Werbung

Bei Produkt-Leaks handelt es sich um die nicht autorisierte Veröffentlichung von Informationen und Bildern jener Produkte, die noch nicht erhältlich oder noch nicht einmal angekündigt sind. Heutzutage sind Produkt-Leaks allgegenwärtig. Ein Beispiel: Noch bevor ein neues Smartphone veröffentlicht oder ein Videospiel angekündigt wird, gibt es im Internet oft zuvor schon wackelige Fotos oder Screenshots und Informationen zu Spezifikationen oder Inhalten, die vor der offiziellen Produktankündigung durchgesickert sind. Meist stellt das für die betroffenen Unternehmen ein großes Ärgernis dar. Denn ein vorheriger Leak kann einen sorgsam geplanten Produktlaunch beeinträchtigen.

Leaks sind besonders interessant: Menschen haben ein Interesse daran, Informationen möglichst früh und noch vor allen anderen zu erlangen. Zudem haftet geleakten Informationen immer etwas Geheimes und „Verbotenes“ an. Das macht Informationen – unabhängig davon, wie bedeutsam sie eigentlich sind – besonders interessant.

Dies lässt sich dazu nutzen, einen Leak gezielt als Werbung einzusetzen, z.B., indem eine vermeintlich geleakte Information so in den sozialen Medien platziert wird, dass die Zielgruppe darauf aufmerksam wird und die Werbebotschaft letzten Endes „viral geht“, um so ohne weiteres Zutun des werbenden Unternehmens und ohne weiteren Kostenaufwand ein Millionenpublikum zu erreichen.

Solch viraler Werbung kommt oft ein weit größerer Werbeeffekt zu als klassischer und als solche erkennbare Werbung. Denn ihr wird ein größeres Interesse entgegengebracht. Die Verbraucher setzen sich meist aktiv mit der Information auseinander und nehmen diese daher viel bewusster wahr.

Werbung mit Leaks – unzulässige, da getarnte Werbung

Das wirft die Frage auf: Ist Werbung durch Leaks rechtlich zulässig? Die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Werbung bemisst sich v.a. nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nach § 5a Abs. 4 UWG wirbt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

Entsprechende und § 5a Abs. 4 UWG wegen des in § 1 Abs. 2 UWG enthaltenen Spezialitätsgrundsatzes vorgehende Regelungen finden sich für den Bereich Presse und Telemedien in anderen Gesetzen. Sie enthalten im Kern aber dieselbe Aussage: Werbung ist nur zulässig, wenn sie als solche zu erkennen ist.

Bedeutsame Regelungen hierzu finden sich in:

  • § 8 Abs. 3 S. 1 Medienstaatsvertrag MStV („Werbung muss als solche leicht erkennbar […] sein„),
  • § 22 Abs. 1 S. 1 MStV („Werbung muss als solche klar erkennbar […] sein„) und
  • § 6 Abs. 1 Nr. 1 Telemediengesetz (TMG) („kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein„).

Der Gesetzgeber normiert mit den vorstehenden Regelungen ein Erkennbarkeitsgebot für Werbung in Telemedien. Zu diesen zählen auch soziale Netzwerke. Der Gesetzgeber verbietet Werbemaßnahmen, die nicht als Werbung erkennbar sind. An der nötigen Erkennbarkeit des Werbecharakters fehlt es bei Werbung durch Leaks. Diese Werbeform kann nur dann funktionieren, wenn sie authentisch wirkt. Das heißt, sie muss den Eindruck vermitteln, es handle sich tatsächlich um einen echten Leak, also um eine ohne Wissen und Wollen des betroffenen Unternehmens ans Licht der Öffentlichkeit gelangte Information.

Der Werbecharakter von Leaks

Der Werbecharakter des Leaks wird weder ausdrücklich klargestellt, noch wird er sich aus den Umständen ergeben. Vielmehr wird er gezielt verschleiert, indem die eigentliche Werbung als Information getarnt wird, die sich als Leak darstellt und vermeintlich (noch) nicht hätte veröffentlicht werden sollen. Folge der unlauteren Werbung ist u.a. eine Haftung auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz, sodass meist eine Abmahnung durch einen Mitbewerber oder Wettbewerbsverbände droht.

Werbung mit Leaks ist rechtswidrig, aber schwer nachzuweisen

Daher gilt: Werbung als vermeintlichen Leak zu tarnen, ist unter dem Aspekt getarnter Werbung unzulässig und rechtwidrig.

So klar dieses Ergebnis aus rechtlicher Sicht ist, umso schwierig ist es in der Praxis festzustellen, ob es sich um einen echten Leak oder um gezielte Werbung handelt. Denn letztlich lässt es sich kaum feststellen, ob z.B. Mitarbeiter oder Vertriebspartner des Herstellers Produktinformationen unrechtmäßigerweise vorab veröffentlicht, also „geleakt“ haben, oder ob eine Werbebotschaft nur geschickt als Leak verpackt und so platziert wurde, dass sie ihren Werbeeffekt entfalten kann.

Wenn Leaks in bestimmten Brachen oder gar bei bestimmten Unternehmen auffällig oft und mit einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten, sollte man der Frage nachgehen, ob hier womöglich gezielt rechtswidrig geworben wird.

Author

Markus Hecht ist Counsel bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern