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Sie sind Hersteller oder Händler? Wir zeigen Ihnen die Grenzen zwischen erlaubter Preisempfehlung und verbotener Preisbindung. Dabei haben wir das Kartellrecht im Blick.

Lieferanten oder Hersteller dürfen ihren Händlern keine Ladenverkaufspreise vorgeben, sondern nur unverbindlich empfehlen (Stichwort „Unverbindliche Preisempfehlung“ – UVP). Das wissen die meisten. Doch nur wenige wissen, wo die Grenzen zwischen erlaubter Preisempfehlung und verbotener Preisbindung verlaufen.Immer wieder stellen sich Händler und Hersteller Detailfragen, z.B.: Darf ich Lieferungen einschränken, wenn die UVP regelmäßig unterboten wird? Darf ich Margen garantieren? Wie kann ich bestimmte Absatzmaßnahmen unterstützen? Wie kann ich die Preissetzung meiner Händler überprüfen? Liegen Sie bei Ihrer Bewertung einer solchen Maßnahme falsch, drohen Ihrem Unternehmen hohe Geldbußen, Reputationsverlust und private Kartellklagen.

Das Bundeskartellamt gab kürzlich in seinem Hinweispapier zum Preisbindungsverbot im Bereich des stationären Lebensmitteleinzelhandels nützliche und anschauliche Beispiele, die sich auch auf andere Wirtschaftsbereiche übertragen lassen. Hier bieten wir einen Überblick über das, was das Bundeskartellamt noch als zulässig erachtet und zeigen, wann bei Ihnen die rote Lampe angehen sollte:

Fallstrick Nr. 1: Vereinbarung von Fest- und Mindestpreisen

Abgesehen von der Buchpreisbindung sind Vereinbarungen von Fest- und Mindestpreisen in Deutschland und der EU kartellrechtlich verboten. Denn sie schwächen den Preiswettbewerb auf der Händlerebene (Intra-Brand-Wettbewerb) und nehmen Endkunden die Möglichkeit, günstige Händler zu finden.

Verboten sind etwa die Vereinbarung eines Ladenverkaufspreises (LVP), einer konkreten Spanne zwischen Einkaufs- und Ladenverkaufspreis oder die Kopplung des LVP an den Verkaufspreis anderer Händler. Kartellrechtlich zulässig ist nur, einen Höchstpreis zu vereinbaren.

Empfehlung: Vereinbaren Sie keine Mindest- oder Festpreise!

Fallstrick Nr. 2: Nicht ganz „Unverbindliche Preisempfehlungen“

Die UVP darf nicht zu einer verbindlichen „Empfehlung“ werden, indem Druck ausgeübt oder unlautere Anreize gegeben werden. Das kann geschehen, indem Liefereinschränkungen oder gar ein Lieferstopp angedroht wird oder durch an die Einhaltung der UVP gekoppelte Konditionenverbesserungen oder rückwirkend gewährte Preispflegerabatte.

Auch einen Verweis darauf, dass andere Händler „mitgezogen“ haben, sieht das Bundeskartellamt kritisch. Der Hersteller kann in diesen Fällen bereits durch sein einseitiges Handeln gegen das Kartellrecht verstoßen. Aber auch der Händler begeht einen Kartellrechtsverstoß, wenn er sich den Forderungen des Herstellers beugt.

Empfehlung: Schulen Sie Ihre Vertriebsmitarbeiter umfassend darin, wie Sie UVP an ihre Händler kommunizieren, etwa, dass Sie nicht erwarten dürfen, dass eine UVP eingehalten wird, und jegliche Art von Bedrängungen unterlassen. Als Händler sollten Sie keine explizite Zusage hinsichtlich Ihrer Preisgestaltung machen, besonders, wenn Sie der UVP folgen.

Fallstrick Nr. 3: Mengenmanagement und Aktionsplanung

Es ist kartellrechtlich grundsätzlich legitim, wenn Händler und Hersteller besondere Verkaufsaktionen vereinbaren, bei denen Produkte mit reduzierten Preisen beworben werden. Konkrete Aktionszeiträume abzustimmen, ist schon deshalb sinnvoll, um sicherzustellen, dass der Händler genügend Produkte im Aktionszeitraum erhält.

Kartellrechtliche Probleme können aber entstehen, wenn der Händler dem Hersteller auch seinen geplanten Aktionspreis mitteilt. Der Händler darf zwar grundsätzlich seinen Preis offenlegen. Dies kann allerdings leicht als Zusage eines bestimmten Verkaufspreises ausgelegt werden.

Empfehlung: Als Händler sollten Sie dem Hersteller Ihren Aktionspreis nicht mitteilen, um den Anschein einer Abstimmung zu vermeiden. Will der Hersteller den Preis wissen, um einschätzen zu können, welche Produktmenge bei einem bestimmten LVP voraussichtlich nachgefragt wird, sollte der Händler für mehrere alternative LVP die empfohlene Ordermenge abfragen, um nicht indirekt einen Aktionspreis zuzusagen.

Als Hersteller sollten Sie Ihre Händler nicht verpflichten, die geplanten Aktionspreise offenzulegen.

Fallstrick Nr. 4: Spannengarantien und Nachverhandlungen

In manchen Branchen ist es üblich, Spannen oder Margen und mögliche Deckungsbeiträge zu garantieren. Dabei sichert der Hersteller dem Händler eine bestimmte Gewinnspanne zu. Das ist grundsätzlich erlaubt, sofern es nicht um marktstarke Unternehmen geht.

Kartellrechtlich problematisch wird diese Praxis aber, wenn der Hersteller durch die Übernahme der Margengarantie signalisiert, dass konkurrierende Händler beim (neuen) Preisniveau mitziehen werden und so unzulässige Anreize für die Einhaltung der UVP gesetzt werden.

Die nachträgliche Forderung des Händlers, der Hersteller möge ihm enttäuschte Gewinnerwartungen kompensieren, ist grundsätzlich kartellrechtlich in Ordnung, sofern der Händler nicht eine besonders starke Marktposition hat. Dabei darf er den Hersteller allerdings nicht direkt oder indirekt auffordern, andere Händler zu „disziplinieren“, wenn sie sich nicht an ein bestimmtes Preisniveau halten.

Empfehlung: Geben Sie keine Hinweise auf das Verhalten von anderen Händlern, vor allem, wenn Sie Margen garantieren wollen. Auch bei der Nachverhandlung sollten Sie als Hersteller keine Informationen zur Preispolitik anderer Händler preisgeben. Als Händler sollten Sie keine Anzeichen geben, dass Sie der UVP folgen werden.

Fallstrick Nr. 5: Nichtaufnahme und Abbruch von Geschäftsbeziehungen

Wenn Sie ein nicht marktmächtiger Hersteller sind, können Sie grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob Sie einen Händler (weiterhin) beliefern oder nicht. Sie dürfen die Belieferung aber nicht an die Einhaltung der UVP koppeln.

Empfehlung: Erwecken Sie als Hersteller nicht den Eindruck, Sie stellten die Lieferung wegen zu niedriger LVP ein. Erläutern Sie Ihrem Händler, warum Sie Ihre Vertriebsstrategie ändern und ihn nicht mehr oder mit weniger Waren beliefern.

Fallstrick Nr. 6: Datenaustausch zwischen Händlern und Herstellern

Der Austausch von Verkaufspreisen und Absatzmengen ist ein wichtiger Bestandteil für die Preis- und Sortimentsgestaltung, kann aber zu kartellrechtlichen Problemen führen:

Es kann erlaubt sein, bestimmte Absatzinformationen weiterzugeben. Die Informationen dürfen aber nicht dazu verwendet werden, Preise abzusprechen oder abzustimmen, weder bilateral zwischen den Herstellern oder zwischen Händler und Hersteller, noch „übers Eck“ zwischen den Händlern unter Vermittlung des Herstellers.

Empfehlung: Je länger der Zeitraum zwischen Verkaufsperiode und Lieferung der Absatzdaten, desto besser. Denn dann ist aus Sicht der Behörden unwahrscheinlich, dass Preiserhöhungen koordiniert werden.

Sinnvolle Absatzmaßen sind möglich

Die Preissetzung birgt viele Fallstricke, über die Hersteller und Händler stolpern können. Im Zweifel ist es besser, weniger zu kommunizieren und sich nicht in die Preispolitik des Geschäftspartners einzumischen. Trotzdem können Händler und Hersteller, wenn sie mit Bedacht handeln, sinnvolle Absatzmaßen gemeinsam durchführen.

Author

Johannes Weichbrodt ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern