Die Bundesnetzagentur („BNetzA“) hat im April und Mai 2025 zwei neue Entwürfe für eine Neuordnung der Netzentgeltsystematik veröffentlicht. Ihre Umsetzung hätte starke Auswirkungen auf das wirtschaftliche Umfeld für Batteriespeicher. Was sehen die Entwürfe vor? Und was bedeutet das für Unternehmen?
Die BNetzA hat zwei neue Entwürfe in Bezug auf eine Neuordnung des Netzentgelt-Regimes vorgelegt. Nach einem im April veröffentlichten Beschlussentwurf möchte die BNetzA die vermiedenen Netzentgelte ab 2029 abschaffen. Zudem möchte sie bereits ab 2026 den Anspruch auf diese um jährlich 25 Prozent abschmelzen. Diese plötzliche und unvermittelte Änderung würde für Bestandsanlagen einen starken Eingriff in die wirtschaftliche Planung und Kalkulation bedeuten.
Zum anderen plant die BNetzA eine Neuordnung der allgemeinen Netzentgeltsystematik ab 2029. Die vorgeschlagene Reform hätte starke Auswirkungen auf den Speicherbereich. Die BNetzA sieht nämlich eine Abschaffung der bisherigen Netzentgeltbefreiung von Batteriespeichern vor.
Vermiedene Netzentgelte abschmelzen
Bei den vermiedenen Netzentgelten handelt es sich um einen Zahlungsanspruch des Betreibers eines an das Verteilnetz angeschlossenen Batteriespeichers gegenüber dem Verteilnetzbetreiber. Es handelt sich dabei um eine Kompensation dafür, dass der Verteilnetzbetreiber durch die Einspeisung des Batteriespeichers in das Verteilnetz weniger Strom aus den vorgelagerten Netzebenen beziehen muss (§ 18 Abs. 1 StromNEV). Der Anspruch von Speicherbetreibern auf vermiedene Netzentgelte wurde schon für alle Neuanlagen mit Inbetriebnahme ab 1. Januar 2023 abgeschafft. Doch Bestandsspeicher haben weiterhin Anspruch auf die Zahlung vermiedener Netzentgelte. Das bestätigte der BGH erst kürzlich gerichtlich (s. dazu unseren Client Alert vom April 2025 – Deutschland: Vermiedene Netzentgelte für Batteriespeicher).
Der im April veröffentlichte vNNE-Beschlussentwurf sieht nun Folgendes vor: Vermiedene Netzentgelte ab dem 1. Januar 2029 werden auch für Bestandsanlagen abgeschafft. Schon ab 2026 soll der Anspruch von Bestandsanlagen auf die vermiedenen Anlagen schrittweise abschmelzen – 2026 um 25 Prozent, 2027 um 50 Prozent und 2028 um 75 Prozent. Das Ziel: andere Netznutzer zu entlasten, auf die die Kosten für die vermiedenen Netzentgelte über die allgemeinen Netzentgelte umgelegt werden.
Befreiung von Netzentgelten abschaffen
Nach der Konzeption der StromNEV müssen nur Verbraucher Netzentgelte für die Nutzung des Netzes zahlen. Für die Einspeisung von Strom werden dagegen keine Netzentgelte erhoben. Die BNetzA hat im Mai nun ein Positionspapier über eine Reform des allgemeinen Netzentgeltsystems veröffentlicht (das „AgNes-Papier“). Darin lässt die BNetzA anklingen, dass sie es für nicht mehr zeitgemäß hält, dass Einspeiser keine Netzentgelte zahlen. Hintergrund ist der Ausbau und die Dezentralisierung der Erzeugungsanlagen (PV-Anlagen, Windkraftanlagen) aufgrund der Energiewende.
In dem AgNes-Papier bringt die BNetzA daher verschiedene Vorschläge ein, um das Netzentgeltsystem neu zu gestalten (Netzentgelte auch für Einspeiser; Änderung der Preiselemente wie bspw. durch einen Ersatz des Leistungspreises durch einen Kapazitätspreis; dynamische Netzentgelte; bundeseinheitliche Netzentgelte). Diese ordnet sie bereits selbst ein und stellt sie zur weiteren Diskussion.
Speicherprivilegierung nicht angemessen
Die BNetzA befasst sich auch damit, wie das künftige Entgeltregime für mobile und stationäre Speicher ausgestaltet sein soll. Auch wenn die BNetzA zu Beginn den wichtigen Beitrag von Speichern für die Versorgungssicherheit und die Vermeidung von übermäßigen Preisschwankungen betont, macht sie deutlich: Die für einen Großteil der Speicher bestehenden Netzentgeltprivilegierungen sind ihrer Meinung nach nicht angemessen. Hierzu führt sie mehrere Gründe an:
- Auch die privilegierten Speicher nutzen das Netz und damit ein wirtschaftliches Gut, für dessen Nutzung ein Entgelt zu erbringen sei. Dass die positiven Funktionen von Speichern ein angemessenes Entgelt für die Befreiung von den Netzentgelten darstellen, sei zweifelhaft.
- Außerdem würden die Speicher keinen Beitrag zur Deckung der Netzentgelte leisten, sondern vielmehr höhere Netzkosten durch ihre Netznutzung für die anderen Anschlussnehmer verursachen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Kostenreflexivität.
- Die vollständige Befreiung von Netzentgelten könnte zudem eine Diskriminierung von andere Netznutzern sein, die ebenfalls ähnliche Kosten im Netz verursachen und einen gleichen Beitrag zur Netzentlastung erbringen.
Lösungsvorschläge der BNetzA
Künftig müsse daher ein Netzentgeltregime für Speicher gefunden werden, das deren Agieren an Strom- und Systemdienstleistungsmärkten so wenig wie möglich einschränkt und gleichzeitig , sicherstellt, dass auch Speicher einen kostenreflexiven Beitrag für die Finanzierung des Netzes erbringen. Während Bestandsanlagen wegen der gesetzlichen Verankerung der Befreiung von den Netzentgelten in § 118 Abs. 6 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) möglicherweise auf eine Übergangsregelung hoffen dürfen, wären zumindest Neuanlagen in jedem Fall von einer solchen Reform betroffen.
Ohne sich endgültig festzulegen, lässt die BNetzA deutliche Sympathien dafür anklingen, Speicher künftig nicht mehr von den Netzentgelten zu befreien und stärker auf flexible Netzanschlussverträge zu setzen. Hier vereinbaren Netzbetreiber und Speicherbetreiber, dass der Netzbetreiber bei Netzüberlastungen die Leistung und Fahrweise des Speichers vorgeben darf. Der Speicherbetreiber erhält dafür im Gegenzug eine Reduzierung der Netzentgelte. Auch dann blieben die finanziellen Belastungen für die Speicherbetreiber allerdings wohl deutlich höher als heute – sind heute doch überhaupt keine Netzentgelte von den an das Netz angeschlossenen Stromspeicherbetreibern zu entrichten.
Auswirkungen noch nicht quantifizierbar
Der Höhe nach lassen sich die Auswirkungen noch nicht quantifizieren. Das wird besonders davon abhängen, wie die BNetzA das allgemeine Netzentgeltmodell künftig ausgestalten möchte. Wenn die Netzentgelte primär auf dem Arbeitspreis basieren, dürften gute Gründe dafür sprechen, anzunehmen, dass Systemdienstleistungen, die der Netzbetreiber erbringt, z.B. Primärregelenergie bereitzustellen, nicht in Rechnung gestellt werden dürfen. Es erscheint widersprüchlich, wenn der Netzbetreiber eine Leistung, die er selbst dringend benötigt, zugleich dem Leistungserbringer in Rechnung stellen müsste.
Ein auf einem Grund- oder Kapazitätspreis basierendes Netzentgeltmodell würde dagegen dazu führen, dass unerheblich ist, welche Leistungen der Speicher konkret erbringt. Hier spräche einiges für eine Rabattlösung, wenn der Speicherbetreiber sich zur Erbringung systemdienlicher Leistungen gegenüber dem Netzbetreiber verpflichtet. Die BNetzA hat sich noch nicht festgelegt, zumindest aber erklärt, bestehende Marktmodelle nicht faktisch unmöglich machen zu wollen. Sie lässt bspw. anklingen, dass für Speicher, die Arbitrage betreiben, arbeitsbezogene Netzentgelte nicht die bevorzugte Lösung darstellen. Für den Fall, dass am Ende ein Netzentgeltmodell gewählt wird, in dem auch Erzeuger Netzentgelte zahlen müssen, deutet die BNetzA an, dass Speicher in diesem Fall zumindest nicht die Netzentgelte für die Ein- und die Ausspeisung entrichten müssten, da dies eine Doppelbelastung gegenüber anderen Anlagen darstellen würde.
Erzeugerfunktion von Batteriespeichern
Die BNetzA scheint nun außerdem bereit zu sein, die Erzeugerfunktion von Batteriespeichern grds. anzuerkennen. Zwar würde die Anerkennung der Erzeugungsseite in großen Teilen durch die Abschaffung der Netzentgelte wieder konterkariert, war die Qualifizierung als Erzeuger doch bislang gerade wegen der für Erzeuger bestehenden Netzentgeltbefreiung besonders relevant. Im Hinblick auf die Frage, ob und in welcher Höhe Speicherbetreiber Baukostenzuschüsse für den Netzanschluss entrichten müssen, kann die Erzeugungsfunktion dagegen eine Rolle spielen. Denn die meisten Erzeugungsanlagen müssen keine Baukostenzuschüsse entrichten.
Selbst in jüngerer Vergangenheit hatte die BNetzA hier noch strikt allein die Verbrauchsseite von Batteriespeichern betrachtet. Sie schlug die Erhebung von Baukostenzuschüssen für den Netzanschluss von Batteriespeichern in ihrem jüngsten Positionspapier vor (s. dazu unseren Client Alert vom November 2024 – Deutschland: Baukostenzuschüsse für den Netzanschluss von Batteriespeichern). Die Verlautbarungen der BNetzA im AgNes-Papier lassen anklingen, dass die BNetzA zumindest in einem neuen Netzentgeltsystem nicht mehr oder weniger stark auf das Instrument der Baukostenzuschüsse setzen möchte.
Ausblick
Noch handelt es sich bei beiden Papieren nur um Entwürfe. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die BNetzA hier in Anbetracht der deutlichen Kritik aus der Branche ihren Standpunkt noch einmal überdenkt. Zumindest erklärte die BNetzA besonders in Bezug auf die Reaktionen auf das AgNes-Papier, dass sie zum Dialog bereit sei. Bei fachlich guten Argumenten könne sie ihre Meinungen und Ansichten ändern. Die erste Konsultationsphase beim vNNE-Beschlussentwurf ist bereits abgeschlossen. Zum AgNes-Papier können die Stakeholder dagegen noch bis zum 30. Juni 2025 Stellungnahmen abgeben.