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Internationale Mandate in einer Großkanzlei betreuen in Kombination mit einer ausgewogenen Work-Life-Balance – diesen Wunsch hegen viele Nachwuchsjuristen. Einige Großkanzleien haben darauf reagiert, so wie etwa Baker McKenzie mit dem Associate Alternative Track.

Früher war der Karriereweg klar: Wer in eine große Wirtschaftskanzlei einsteigt, will dort Partner werden. Der sog. „Partner Track“ ist auch heute noch der Standardweg bei den Karrieremodellen. Dort mündet der Weg nach einigen Jahren entweder in der Partnerschaft oder – von Counsel- und ähnlichen Modellen abgesehen – geht es mit einem Wechsel außerhalb der Kanzlei weiter.

Flexible Karriereplanung und Work-Life-Balance

Doch Flexibilität bei der Karriereplanung und bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben spielen gerade für Nachwuchsjuristen eine immer größere Rolle. In dieses Rennen müssen auch Großkanzleien mit einsteigen, wollen sie nicht ins Hintertreffen geraten.

Seit einigen Jahren gibt es daher auch dort alternative Karrierewege. Sie haben i.d.R. geringere Anforderungen an das Arbeitspensum und an die Geschäftsentwicklung – oder mit anderen Worten, eine ausgewogenere Work-Life-Balance.

Konzept muss auch in Praxis funktionieren

Aber: Verträgt sich das mit dem Geschäftsmodell einer globalen Wirtschaftskanzlei, bei der Mandanten rund um den Globus möglichst schnelle Antworten auf komplexe rechtliche Fragen mit internationalem Bezug erwarten? Ist das also nicht vielleicht mehr ein Konzept, das auf dem Papier gut klingt, aber in der Praxis nicht funktioniert?

Um es mit Blick auf den Associate Alternative Track von Baker McKenzie vorweg zu nehmen: Das funktioniert sehr gut, Organisation, Priorisierung und Kommunikation vorausgesetzt. Das sollte Anwälten aber per se nicht fremd sein.

Was ist der Associate Alternative Track?

Der Associate Alternative Track ist, wie der Name schon andeutet, eine Alternative zum herkömmlichen sog. „Partner Track“. Dieser Karrierepfad steht Voll-, Wirtschaftsjuristen und Ökonomen offen. Er zeichnet sich dadurch aus, dass im Vergleich zum Partner Track die Anforderungen an Billable Hours und das Business Development niedriger sind. Im Gegenzug verzichtet man als Associate auf einen Teil des Gehalts und – wenn man Volljurist oder Steuerberater ist – zunächst auf die Möglichkeit, als Partner in die Kanzlei aufgenommen zu werden.

Warum zunächst? Der Karriereweg auf dem Associate Alternative Track ist nicht endgültig. Volljuristen und Steuerberater können  jederzeit (zurück) auf den Partner Track wechseln, zeitlich unbegrenzt auf dem Associate Alternative Track bleiben oder z.B. in die Position eines Counsel wechseln. Der Einstieg in den Alternative Track kann sowohl gleich als auch nach einiger Zeit auf dem Partner Track geschehen. Kurz: Das Modell ist sehr flexibel. 

Beide Seiten profitieren

Vorteile gibt es für Anwälte/Steuerberater und die Kanzlei gleichermaßen: Associates, die aus unterschiedlichen Gründen den Partner Track nicht oder nicht weiter einschlagen möchten, können weiterhin einen Karrierepfad in der Kanzlei verfolgen – abhängig von Lebensphasen, Präferenzen und Talenten.

Für die Kanzlei eröffnet der Associate Alternative Track wiederum die Möglichkeit, Talente langfristig an sich zu binden und ihnen Flexibilität auf ihrem individuellen Karriereweg und der persönlichen Lebensplanung zu bieten. 

Aufgaben priorisieren und organisieren

Der Associate Alternative Track passt sehr gut zur Tätigkeit in einer Großkanzlei. Wichtig ist, dass man Priorisieren und Organisieren kann. Es geht darum, Mandate so zu koordinieren, dass am Ende alle Beteiligten – Kollegen, Mandanten und auch der Anwalt selbst – zufrieden sind.

Daneben ist ein weiteres wichtiges Zauberwort Kommunikation: Erwartungshorizonte sind bei Mandanten und Kollegen zu erfragen, sowie im Einzelfall flexible Deadlines zu verhandeln.

Man erkennt schnell: Fähigkeiten zur eigenverantwortlichen Organisation, Kommunikation und Priorisierung sind gefragt. Diese machen einen guten Anwalt aber generell aus – unabhängig vom Partner Track oder Alternative Track.

Ein „Nine-to-six Job“?

Auch auf dem Associate Alternative Track gilt: Wenn es aus besonderen Gründen sein muss, z.B. wegen dringender Fristen, arbeitet man auch mal länger. Das sollte selbstverständlich sein. Dafür kann man an anderen Tagen einen Ausgleich nehmen. Und: Dass es Tage mit höherem Arbeitsanfall und Zeitdruck gibt, liegt in der Natur des Anwaltsberufs.

Der Vorteil des Associate Alternative Tracks liegt darin, dass der Tagesablauf besser planbar ist – ein wichtiger Faktor, um Beruf und Privatleben miteinander zu vereinen. Gerade in der Zeit der Corona-Pandemie erweist sich das als besonderer Vorteil. Hier ermöglicht das Modell Flexibilität u.a. in puncto Kinderbetreuung oder Homeschooling.

Ideal ist dabei eine Tätigkeit in einem Rechtsgebiet, in dem man es i.d.R. mit längeren und planbareren Projekten zu tun hat. Das vereinfacht Vieles im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen mit kurzen und unflexiblen Fristen oder schwankendem Arbeitsanfall. Gleichermaßen ist auch dort ist eine Tätigkeit auf dem Associate Alternative Track möglich. Arbeitet man z.B. im Transaktionsbereich phasenweise mehr auf Mandaten, so arbeitet man in einer anderen, „ruhigeren“ Phase weniger („Phasenmodell“).

Keine Unterschiede in der Wahrnehmung

Associates auf dem Alternative Track werden weder intern noch extern unterschiedlich behandelt verglichen mit Associates auf dem Partner Track. Sie bearbeiten das gleiche Spektrum an Mandaten wie auf dem Partner Track. Ihnen stehen zudem die gleichen Fortbildungsangebote und Veranstaltungen offen, die auch Associates auf dem Partner Track besuchen. Sie werden sogar ermutigt, daran teilzunehmen, da der Wechsel für Volljuristen und Steuerberater auf den Partner Track immer möglich ist.

Die Erfahrungen mit diesem Modell sind durchweg positiv: Die Kollegen respektieren die Associates auf dem Alternative Track und deren zeitliche Kapazitäten und Verfügbarkeiten. Diese wiederum schätzen das interessante globale Arbeitsumfeld bei geregelten Arbeitszeiten.

Der Alternative Track erlaubt es Anwälten also, spannende und komplexe Mandate auch mit internationalem Bezug zu bearbeiten. Gleichzeitig bietet das Modell mehr Zeit und vor allem mehr Planbarkeit für den privaten Bereich.

Große Wirtschaftskanzlei und alternative Karrierewege schließen sich also keineswegs aus – im Gegenteil.

Author

Matthias Scheck ist Counsel bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern