Steuerpflichtige können Umstrukturierungen wieder unter Nutzung der Grunderwerbsteuerbefreiung des § 6a GrEStG umsetzen. Das entschied der EuGH Ende Dezember 2018.
Die Ausgangslage
Grundsätzlich unterliegt jede Übertragung von Grundstückseigentum der Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch für mittelbare Grundstücksübertragungen aufgrund bestimmter Anteilsübertragungen sowie Grundstücksübertragungen aufgrund Gesamtrechtsnachfolge (z.B. bei Verschmelzungen).
Dadurch lösten aber viele Umstrukturierungen in Konzernen Grunderwerbsteuer aus und wurden wegen der Grunderwerbsteuerlast faktisch nicht mehr durchführbar.
Konzernausnahme: Die Regelung des § 6a GrEStG
Um Umstrukturierungen im Konzern nicht zu verhindern, wurde mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz 2009 die Konzernausnahme des § 6a GrEStG eingeführt.
Die Befreiung des § 6a GrEStG erfasst grundsätzlich nur Vorgänge auf Basis des Umwandlungsgesetzes. Sie setzt zudem voraus, dass an dem Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und von diesem abhängige Gesellschaften beteiligt sind.
Eine Gesellschaft gilt als abhängig, wenn das herrschende Unternehmen am Kapital oder Gesellschaftsvermögen der abhängigen Gesellschaft innerhalb von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang zu mindestens 95% beteiligt ist.
§ 6a GrEStG als europarechtswidrige Beihilfe?
Mit Beschluss vom 30. Mai 2017, II R 62/14, hatte der BFH dem EuGH die Frage vorgelegt, ob es sich bei der Regelung des § 6a GrEStG um eine europarechtswidrige Beihilfe handele, die gegen Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoße.
Der BFH hatte aus zwei Gründen Zweifel an der Vereinbarkeit mit dem Europarecht: Erstens, weil die Befreiung nur für Konzerngesellschaften gilt und diese damit gegenüber anderen Gesellschaften begünstigt sind.
Zweitens, weil die Befreiung nur für bestimmte Umwandlungsvorgänge gilt und damit nicht jeglichen Übertragungsvorgang im Konzern erfasst.
EuGH-Entscheidung: Regelung ist zwar selektiv, aber gerechtfertigt
Der EuGH entschied nun mit seinem Urteil vom 19. Dezember 2018, Rs.: C-374/17, dass es sich bei der Konzernausnahme nicht um eine europarechtswidrige Beihilfe handele. Letztere erfordere u.a. die Gewährung eines selektiven Vorteils, d.h. der Vorteil wird z.B. nur bestimmten Unternehmen gewährt.
Die Konzernausnahme begünstigt zwar nur bestimmte Gesellschaften, nämlich Konzerngesellschaften, die bestimmte Umwandlungen vornehmen, so dass eine Unterscheidung vorliegt. Die Unterscheidung ist aber gerechtfertigt und damit keine schädliche Beihilfe, wenn sie sich aus der Natur oder dem Aufbau des Systems ergibt.
So sieht es der EuGH hier, da durch die Konzernausnahme eine übermäßige Besteuerung vermieden würde. Dadurch entspreche die Konzernausnahme als Steuerbefreiung der Natur und dem Aufbau des Systems der Grunderwerbsteuer. Die Grunderwerbsteuer würde andernfalls sowohl beim Erwerb des Grundstücks als auch bei der späteren Übertragung im Konzern anfallen.
Rechtssicherheit: Umstrukturierungen in Konzernen wieder möglich
Umstrukturierungen, die Konzerne zurückstellten, um zu vermeiden, dass bei einem anderen Ausgang des EuGH-Verfahrens nachträglich Grunderwerbsteuer festgesetzt worden wäre, können nun durchgeführt werden.
Damit schafft das Urteil Rechtsicherheit für künftige Umstrukturierungen. Das Urteil macht außerdem klar, dass bereits abgewickelten Transaktionen die Grunderwerbsteuerfreiheit nicht nachträglich aberkannt wird.
Mit der geplanten Grunderwerbsteuerreform soll die Beteiligungsschwelle von 95% auf 90% sinken. Insbesondere vor diesem Hintergrund sollten Steuerpflichtige prüfen, ob sie erforderliche Umstrukturierungen noch mit Blick auf § 6a GrEStG grunderwerbsteuerfrei umsetzen können.