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Frankfurt am Main, Deutschlands internationalste Stadt und größtes Finanzzentrum auf dem Kontinent, hat seit dem 1. Januar 2018 ein spezielles Forum für grenzüberschreitende Streitigkeiten: Das Landgericht (LG) Frankfurt/Main gründete eine Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten. Was ist das Besondere an dieser Kammer? Und was ist zu beachten, um bei Rechtsstreitigkeiten auf diese Kammer zurückgreifen zu können?

Das Besondere an der Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten des Landgerichts Frankfurt am Main ist, dass die Verhandlungen vor der Kammer in englischer Sprache statt finden. Die schriftlichen Stellungnahmen und die Entscheidungen der Kammer erfolgen auf Deutsch.

Wann kann eine Streitigkeit vor dieser Kammer entschieden werden?

Das ist der Fall, wenn es sich bei der Streitigkeit um eine „Handelssache” i.S.d. § 95 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) handelt, sie nicht unter die besondere Zuständigkeit einer anderen Kammer des LG Frankfurt/Main fällt, sie international ist und die Parteien der Zuständigkeit dieser Kammer zugestimmt haben.

Vor Ablauf der Frist zur Klageerwiderung müssen die Parteien des Weiteren zugestimmt haben, dass sie sich in den Anhörungen in englischer Sprache verteidigen möchten und auf das Recht auf einen Dolmetscher verzichten (Geschäftsverteilungsplan 2018 für das Landgericht Frankfurt/Main).

Was sind „Handelssachen“?

„Handelssachen“ i.S.d. § 95 Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sind u.a.:

  • Klagen gegen einen Händler, die darauf abzielen, einen Anspruch geltend zu machen. Dabei resultiert der Anspruch aus einer Transaktion, die für beide Seiten ein Handelsgeschäft darstellt,
  • Klagen i.Z.m. einer Akquisition eines bestehenden wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zwischen dem früheren Eigentümer und dem Erwerber,
  • Klagen außerhalb eines Rechtsverhältnisses, die den Markenschutz, sonstige Kennzeichen und Gebrauchsmuster betreffen,
  • Klagen gegen einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG),
  • Klagen nach 87 des deutschen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) (es sei denn, die Klage betrifft Auskunfts- oder Schadensersatzansprüche unter Kartellrecht) und
  • Klagen gemäß § 13 Unterabschnitt 4 der EU-Verbraucherrechterichtlinie.

Wie setzt sich die neue Kammer zusammen?

Die Kammer besteht aus einem hochqualifizierten Berufsrichter und zwei Kaufleuten, die für einen Zeitraum von fünf Jahren bestellt werden – auf Empfehlung der örtlichen Industrie- und Handelskammer.

Was sollten Unternehmen beachten, wenn sie die Kammer wählen möchten?

Unternehmen, die die Zuständigkeit der Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten des Landgerichts Frankfurt am Main wählen möchten, können dies tun, indem sie in ihren Handelsverträgen folgende Gerichtsstandsvereinbarung aufnehmen:

„Für alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Verbindung mit diesem Vertrag ergeben, ist ausschließlich zuständig die Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten des Landgerichts Frankfurt am Main, es sei denn, die Streitigkeit fällt unter die besondere Zuständigkeit einer anderen Kammer des Landgerichts Frankfurt/Main. In diesem Fall ist diese Kammer zuständig.

Für das Verfahren vor der Kammer für internationale Handelsstreitigkeiten bestätigen die Parteien, dass mündliche Verhandlungen in englischer Sprache stattfinden und dass sie auf das Recht auf einen Dolmetscher verzichten.“

Author

Heiko Alexander Haller ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Author

Juergen Mark ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern