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Innovationen und technologischer Fortschritt sind die zentralen Stellschrauben erfolgreicher Unternehmen. Damit heben sie sich vom Wettbewerb ab und punkten bei ihren Kunden. Es geht darum, interne Prozesse wirtschaftlich effizient zu machen, um Kosten in der Herstellung von Gütern und Dienstleistungen zu senken, sowie begehrte Produkte anzubieten.

Bislang lag das Augenmerk in der Rechts- und Steuerberatung auf der juristischen Expertise und der finanziellen Leistung. Die Dienstleistung der Anwälte und Steuerberater zeichnete sich weniger durch neue Ansätze oder technologische Raffinesse aus, sondern vielmehr durch Qualität und Geradlinigkeit. Doch wie kann anwaltliche Beratung im Zeitalter der Digitalisierung unterstützen und somit erfolgreich sein?

Erfolgsfaktoren für Innovationen

In der Unternehmenswelt haben sich fünf Hauptfaktoren als Innovationstreiber herauskristallisiert: Kundensicht, Kooperationen, Interdisziplinarität, räumliche Nähe sowie Zeit. Diese Faktoren haben industrieökonomisch den gleichen Effekt auf nationale wie internationale Kanzleien.

Die Rolle des Kunden neu denken

Der Kunde steht im Zentrum jeder Dienstleistung. Daher sollte man sich die Sichtweise des Kunden bereits aneignen, wenn sich ein Projekt anbahnt. Nicht das, was der Anwalt als eine Problemlösung ansieht, behebt eine Herausforderung, sondern das, was der Mandant als Lösung betrachtet. Heute gibt es viele Kreativtechniken, um mandantenzentriert an Fragen heranzugehen – Stichwort “Design Thinking“ etwa.

Oft sorgen die Anforderungen des Mandanten für neue Sichtweisen und führen so zu einer innovativen Rechtsberatung. Mit Innovationen ist es möglich, eine scheinbar austauschbare Dienstleistung zu einem einmaligen und herausragenden Angebot zu machen. Der Mehrwert für den Mandanten liegt dann in der individuellen Ausgestaltung der Beratungsleistung, die ihn dabei unterstützt, rechtlichen Herausforderungen effizient zu begegnen. Bestenfalls erhält er für rechtliche Risiken ganz neue Lösungswege, die maßgeschneidert auf seine Anforderungen passen und durch Kosteneffizienz überzeugen.

Kooperationen und Projektmanagement

Wettbewerb belebt das Geschäft. Doch das, was tatsächlich langfristig geschäftlichen Erfolg trägt, sind Vertrauen und Kooperationen. Unternehmen, die z.B. mit Lieferanten oder Kunden Kooperationen schließen, können die Wertschöpfungskette der Produkte und Dienstleitungen, die sie absetzen möchten, auf eine neue Art und Weise bilden.

So entstehen innovative Wege, die Produkte und Prozesse zu verbessern, die sich wiederum auch von den Produkten und Prozessen der Wettbewerber unterscheiden. Denn so einzigartig wie jede Kooperation und jedes Team arbeitet, wird auch jede entwickelte Lösung individuell sein.

Kooperationen, etwa mit Consulting-Firmen, IT-Dienstleistern oder Wirtschaftswissenschaftlern, die unterstützend in rechtlichen Projekten unterwegs sind, haben auch einen Mehrwert für die Rechtsberatung und ihre Mandanten. Immer komplexere Rechtsberaterleistung kann durch ein Projektmanagement abgerundet und kosteneffizient gestaltet werden. Vor allem kann Projektmanagement dazu beitragen, dass bei der steigenden Komplexität der Überblick nicht verloren geht.

Rechtsberatungsnahe Dienstleister können Kanzleien in den Übergang ins digitale Zeitalter unterstützen. Diese technologienahen Unternehmen – meist Startups im Bereich Fintech, Regtech, Insurtech oder Taxtech – können Anwälte begleiten, Prozesse zu standardisieren und wichtige Schritte einzuleiten, die zu Legal-Tech-Anwendungen führen.

Interdisziplinäre Teams

Die Realwirtschaft wie auch alle Dienstleister erleben zurzeit den Übergang ins Digitalisierungszeitalter. Es werden komplett neue Fragen aufgeworfen und Ansätze gefordert, um Probleme zu lösen. Es zeichnet sich deutlich ab, dass Werkzeuge der unterschiedlichsten Disziplinen benötigt werden, um Mandanten zufriedenzustellen. In der Rechtsberatung sind neben betriebswirtschaftlichen und ökonomischen Fähigkeiten mittlerweile auch zunehmend IT-Kenntnisse und Programmierfähigkeiten gefragt.

Darüber hinaus gibt es verstecktes Potenzial für Innovationen in der Zusammenarbeit unterschiedlicher juristischer Disziplinen. Praxis- und Industriegruppen in Großkanzleien unterscheiden sich meist durch die gelebten Prozesse, Arbeitsweisen und auch durch ihre Produkte. Kooperationen zwischen unterschiedlichen Praxisgruppen bergen nicht nur cross selling Potenzial, um „Gesamtpakete“ an den Mandanten zu liefern, sondern auch neue Wege, um Problemlösungen zu finden. Wenn Kanzleien dieses Potenzial nutzen, profitieren Mandaten als erste davon.

Räumliche Nähe

Untersuchungen verdeutlichen den Einfluss räumlicher Nähe auf die Kommunikationsfähigkeit und auch auf das Innovationsverhalten. Je geringer der Abstand zweier Akteure ist, desto eher werden sie sich zu Ideen, Problemen und Herausforderungen austauschen. Entgegen death-of-distance-Ansätzen, steht der direkte Kontakt weit über dem Austausch von Informationen über Mail und Telefon.

Spricht man direkt miteinander, kann man auch Problemstellungen höherer Komplexität lösen. Innovationen entstehen dabei meistens in der informellen Kommunikation – oft durch eine gute neue Idee oder einen plötzlichen Einfall. Das gilt nicht nur intern, sondern auch gegenüber Mandanten.

Kanzleien – vor allem Großkanzleien – lassen sich ausschließlich in Regionen mit einer erhöhten Wirtschaftstätigkeit nieder, um direkten Zugang zu ihren Mandanten zu haben. Der Mehrwert dieser Standorte liegt aber auch in der räumlichen Nähe zu potenziellen neuen Mitarbeitern und vor allem der Nähe zu Wirtschaftszweigen, die unterstützende Dienstleistungen anbieten, mit denen sich Kooperationen langfristig auszahlen.

Geduld und Zeit

Jeder Entwicklungs- und Neuerungsprozess unterliegt Unsicherheiten, weil das Endergebnis meistens vorher nicht absehbar ist. Deswegen ist die zeitliche Dimension im Innovationsprozess nicht zu unterschätzen. Selbst in der Realwirtschaft, in der Unternehmen enorme Ressourcen in Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen stecken, stellen sich Erfolge nicht über Nacht ein.

Doch der Einfluss der Zeit sollte auch nicht überbewertet werden: Es wäre sehr kurzsichtig, sich aus der Befürchtung heraus, Innovationsanstrengungen würden nie fruchten, die Chance der Weiterentwicklung zu nehmen – und vor dem Hintergrund des technologischen Wandels in der Gesellschaft und Geschäftswelt wäre das sogar fatal.

Kommen die genannten fünf Elemente zusammen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine Organisation innovativ wird und kreative neue Prozesse und Produkte entwickelt. Derjenige, der davon am meisten profitiert ist der Mandant. Wirtschaftskanzleien, die diese fünf Faktoren wirken lassen, heben sich ab und bieten ihren Mandanten einen echten Mehrwert – klar unterscheidbar vom Wettbewerb.

Anna Dirksen
Author

Anna Dirksen beschäftigte sich im Rahmen ihres volkswirtschaftlichen Studiums mit Innovationsräumen und analysierte Innovationsverhalten von Organisationen. Daneben ist sie Organisatorin der kanzleiweiten Legal Tech Lecture bei Baker McKenzie, die sich mit Themen des technologischen Wandels in der Rechtsberatung beschäftigt und über Videokonferenzen in alle deutschen und österreichischen Büros ausgestrahlt wird.