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Mit Urteil vom 27. Juni 2019 traf das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt eine Entscheidung, die die Werbewirtschaft freuen dürfte: Die Teilnahme an einem Gewinnspiel kann von der Erteilung einer Werbeeinwilligung abhängig gemacht werden.

Außerdem geht es in dem Urteil u.a. um die Wirksamkeit der Einwilligung für Werbung durch Partnerunternehmen, zum Beweiswert des Double-opt-in-Verfahrens bei der Einwilligung in Telefonwerbung und darum, ob Unternehmen für Zuwiderhandlungen von Beauftragten haften.

Voraussetzungen der Einwilligung

Das OLG Frankfurt prüft bei dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3, Nr. 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), ob die nach § 7 Abs. 2 UWG für die Telefonwerbung erforderliche Einwilligung wirksam ist. Dabei bemisst sie sich an der Datenschutzgrundverordnung („DSGVO“).

Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO muss die Einwilligung freiwillig, für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegeben werden. Gem. Art. 7 Abs. 4 DSGVO ist bei der Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung besonders zu berücksichtigen, ob u.a. die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängt, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.

„Kopplungsverbot“

Diese Vorschrift bezeichnet man teilweise als „Kopplungsverbot“. Die Norm verbietet allerdings nicht pauschal, dass man das Erbringen der Leistung daran koppelt, in eine Datenverarbeitung einzuwilligen, die für die Leistung nicht erforderlich ist. Dies ist „lediglich“ kritisch zu berücksichtigen, wenn man die Freiwilligkeit beurteilt.

Das führt zur Rechtsunsicherheit. Daher erfordert es Risikoaffinität, wenn man die Erbringung einer Leistung von der (Werbe-)Einwilligung abhängig machen will.

Einwilligung bei Teilnahme an Gewinnspiel

Bei der Teilnahme an Gewinnspielen sieht jedenfalls das OLG Frankfurt wohl einen größeren Spielraum. Es legt das Merkmal „freiwillig“ eher großzügig aus und setzt es mit dem Begriff „ohne Zwang“ gleich. Der Kunde müsse eine echte oder freie Wahl haben – v.a. dürfe man keinen Druck auf ihn ausüben.

Kein Zwang sei, wenn ein Unternehmen einen Kunden nur durch eine Vergünstigung anlockt, etwa der Teilnahme an einem Gewinnspiel. Dann werde er gerade nicht gezwungen, eine Werbeeinwilligung abzugeben. Vielmehr könne und müsse er selbst entscheiden, „ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten ,wert‘ ist.“

Die Entscheidung dürfte künftig nicht nur relevant sein für die Frage, ob Werbeeinwilligungen i.S.d. UWG wirksam sind. Sie tangiert auch die Frage, ob eine – an einen Vertrag „gekoppelte“ – datenschutzrechtliche Einwilligung wirksam ist.

Werden andere Gerichte, v.a. der Bundesgerichtshof (BGH), dieser Rechtsprechung folgen? Wird die Rechtsprechung künftig auch auf andere, scheinbar unentgeltliche Leistungen ausgeweitet, die der Nutzer mit seinen personenbezogenen Daten „bezahlt“? Interessant wird sein, wie die Antwort hier jeweils ausfallen wird.

Einwilligung zugunsten von Partnerunternehmen

Zudem beschäftigte sich das OLG Frankfurt mit der Frage, wann eine Einwilligung in die Werbung durch Partnerunternehmen die Anforderung erfüllt, dass sie „für den bestimmten Fall“ erteilt wird. Dies treffe zu, wenn die Einwilligungserklärung deutlich zeige, welche Werbemaßnahmen welcher Unternehmen erfasst werden.

Im vorliegenden Fall hatte man die Einwilligungserklärung zugunsten acht werbetreibender Unternehmen erteilt. Das OLG Frankfurt hatte dagegen keine durchgreifenden Bedenken. Die Anzahl der werbetreibenden Unternehmen, denen eine Einwilligung erteilt werde, sei nicht so groß, dass sich der Kunde nicht mit all diesen Unternehmen und deren Geschäftsfeldern befassen könne.

Bei der erforderlichen Beschreibung, für welche Art von Produkten die Werbeeinwilligung erteilt werde, reichte es lt. OLG, dass sie sich auf „Strom & Gas“ beziehe. Es reiche jedoch nicht aus, den Produktbezug nur allgemein zu beschreiben, z.B. „Finanzdienstleistungen aller Art“.

Ebenfalls interessant: Nach Ansicht des OLG wirkt sich eine unzureichende Beschreibung in Bezug auf ein Unternehmen nicht insgesamt auf die Einwilligung aus. Die Einwilligung bleibe gegenüber den anderen Werbetreibenden weiterhin wirksam, sofern die Anforderungen erfüllt seien.

Double-opt-in bei Telefoneinwilligung

Bedeutend für die Praxis sind auch die Ausführungen des OLG in punkto Darlegungs- und Beweislast, wenn man eine Einwilligung in die Telefonwerbung durch das Double-opt-in-Verfahren einholt.

Ein Gewinnspielteilnehmer, der in der Online-Maske des Gewinnspiels seine Kontaktdaten inkl. E-Mail-Adresse und Telefonnummer angebe und gleichzeitig mit der Erklärung der Teilnahme an dem Gewinnspiel seine Einwilligung in die Telefonwerbung erkläre, könne auch eine falsche Telefonnummer angeben.

Durch den Versand einer E-Mail mit Bitte um Bestätigung seines Teilnahmewunsches könne das werbende Unternehmen nicht darlegen und beweisen, dass der Telefonanschluss der E-Mail-Adresse, unter der die Teilnahmebestätigung abgesandt wurde, zuzuordnen sei und somit eine wirksame Werbeeinwilligung vorliege. Das gleiche gelte für einen Anruf beim Teilnehmer mit Bitte um Bestätigung.

Ein solches Double-opt-in habe im Hinblick auf die Telefonwerbung nur wenig Beweiskraft. Denn es gebe keinen notwendigen Zusammenhang zwischen der angegebenen E-Mail-Adresse und der angegebenen Telefonnummer.

Handeln Beauftragte zuwider – wer haftet?

Nach § 8 Abs. 2 UWG sind der Unterlassungs- und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn ein Mitarbeiter oder Beauftragter die Zuwiderhandlung in einem Unternehmen begeht.

Dies gilt lt. OLG Frankfurt auch dann, wenn der Mitarbeiter oder Beauftragte weisungswidrig handelte. Es komme nicht darauf an, ob bestimmte Risiken im Einzelfall beherrschbar seien. Durch den Einsatz von Mitarbeitern und Beauftragten erweitere der Unternehmer seinen Geschäftskreis. So schaffe er das Risiko von Zuwiderhandlungen, die er sich zurechnen lassen müsse.

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Simone Bach ist Senior Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Valentin Zipfel ist Law Clerk bei Baker McKenzie.