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Wie im ersten Teil dieser Serie erklärt, darf jedermann virtuelle Währungen wie Bitcoin & Co. in einem „Mining“-Prozess auf seinem Computer generieren, diese halten, damit bezahlen oder als Zahlung entgegennehmen. Aber wie schätzen Aufsichtsbehörden Kryptowährungen ein?

Es handelt sich bei einer virtuellen Währung, jedenfalls nach Lesart der deutschen Aufsichtsbehörden um eine sogenannte „Rechnungseinheit“ (vergleichbar etwa dem Sonderziehungsrecht der Weltbank), die unter den weiteren Begriff des „Finanzinstruments“ fällt.

„Finanzinstrument“ ist ein Begriff aus der EU-Finanzmarktrichtlinie. Er  rückt die virtuellen Währungseinheiten sehr nahe an andere Investitionsobjekte wie Wertpapiere und Derivate. Token, die über ICOs vertrieben werden, können sogar echte Wertpapiere sein die ebenfalls als Finanzinstrument einzustufen sind.   Was das für Sie bedeutet, wenn Sie mit Währungen oder Token professionell handeln, oder diese als Finanzierungsinstrument einsetzen möchten, erfahren Sie in diesem Artikel.

Erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen stellen deshalb Geschäftsmodelle dar, bei denen Unternehmer

  • professionell einen Markt oder eine Handelsplattform in virtuellen Währungen unterhalten (Betrieb eines multilateralen Handelssystems oder Anlagevermittlung),
  • diese in normale Währung tauschen (Eigenhandel),
  • für Kunden verwahren (Depotgeschäft),
  • oder über den Einsatz als Investitionsobjekt beraten (Anlageberatung).

Das sollte sehr ernst genommen werden: Wer solche Geschäfte ohne Erlaubnis betreibt, muss nicht nur mit einer Untersagung durch die Aufsichtsbehörde und Abwicklung des Geschäftsbetriebs rechnen, sondern auch mit Strafverfolgungsmaßnahmen.

Gibt es Bedarf für Anlegerschutz?

Bedarf, Anleger zu schützen, gibt es genügend. Die als Internet-Pioniere bekannten Gebrüder Winklevoss wollten kürzlich einen Exchange-Traded Fund für BitCoins aufsetzen. Dies lehnte die US-amerikanische Securities and Exchange Commission jedoch aus Anlegerschutzgründen ab. Ein Grund dafür war, dass der BitCoin-Markt nicht ausreichend reguliert sei.

Wirtschaftlich gesehen sind virtuelle Währungen zunächst eine Form des Zahlungsmittels, oder umgetauscht in „Token“ eine Art Wertmünze oder Gutschein, mit dem Leistungen erworben werden können oder die sonstige Rechte, zB eine Unternehmens- oder Gewinnbeteiligung. Gleichzeitig unterliegen diese Wertschwankungen, was sie zum Anlage- und Spekulationsobjekt macht.

Anders als bei Wertpapiermärkten vollzieht sich die Preisbildung aber oft intransparent. Das öffnet der Preismanipulation Tür und Tor. Auch stellt sich die Frage, wie sichergestellt wird, dass Anleger zutreffend und vollständig über das Angebot informiert werden.

Kryptowährungen: Erstaunlich unreguliert

Will ein Unternehmen eine virtuelle Währung in die Welt setzen, etwa im Rahmen eines Crowdfunding Projekts, so bedarf das erst einmal keiner Genehmigung. In Mode gekommen sind sogenannte „ICOs“ oder Initial Coin Offerings, bei denen Anleger die elektronischen Münzen im Rahmen einer Erstemission erwerben können.

Eine wirtschaftliche Klassifizierung unterscheidet zwischen „usage token“, „work token“ und „asset-backed token“. Bei den ersten beiden Kategorien handelt es sich weder um Wertpapiere, noch um eine Vermögensanlage, für die ein Prospekt erstellt und von der BaFin genehmigt werden müsste, weil diese Token nur Wertmarken für spätere Nutzungsrechte oder Dienstleistungen  darstellen.

Ein „asset-backed“ Token kann dagegen eine Gewinnbeteiligung, eine Verzinsung oder Rückzahlung des investierten Betrags oder gar eine Unternehmensbeteiligung versprechen, so dass es sich hier um eine prospektpflichtige Vermögensanlage oder gar ein Wertpapier handeln könnte.

Wann unterliegen Kryptowährungen der Prospektpflicht?

Für sogenannte Schwarmfinanzierungen, sind Ausnahmen von der Prospektpflicht vorgesehen, wenn die folgenden Beträge nicht überschritten werden:

  • 20.000 EUR pro Anleger,
  • wenn der Anleger ein freies Vermögen von 100.000 EUR oder mehr hat,
  • der dreifache Betrag des durchschnittlichen Monatsnettoeinkommens eines Anlegers bis zu 10.000 EUR.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Ausnahmen ist, dass es sich um Vermögensanlagen handelt, die über eine Internet-Plattform angeboten werden. Der Plattformbetreiber muss mindestens über eine Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler nach § 34f GewO verfügen.

Liegt dagegen ein Wertpapier vor, gilt die Ausnahme von der Prospektpflicht für Schwarmfinanzierungen nicht. Allenfalls Angebote, die EUR 100.000 nicht überschreiten, oder an weniger als 150 Investoren, wären ohne Prospekt möglich. Ob ein Token ein Wertpapier ist, ist derzeit noch ungeklärt.

Trotz des Wortbestandteils „Papier“ ist eine physische Verkörperung in einer papiernen Urkunde nicht erforderlich. Für die Einstufung als Wertpapier spricht die freie Übertragbarkeit der Token und die Tatsache, dass sich Sekundärmärkte bilden, auf denen die Token gehandelt werden können und Preise gebildet werden.

Die Sichtweise der US-Aufsicht

Auch die US-Wertpapieraufsicht (SEC) hat kürzlich digitale Wertmünzen zur Beteiligung an einem virtuellen Unternehmen namens „DAO“ („Decentralized Autonomous Organization“) als prospektpflichtige Wertpapiere eingestuft. Denn die gegen Zahlung der virtuellen Währung „Ether“ ausgegebenen Token gaben deren Inhaber Stimmrechte über die Investition der eingesammelten „Ether“-Einheiten in „Projekte“ und eine Beteiligung am Gewinn der Investitionen.

Dabei wandte die SEC den so genannten „Howey Test“ an, mit dessen Hilfe im Jahr 1946 schon als Kapitalanlage angebotene Zitronenbäume mit Servicevertrag zu Wertpapieren erklärt wurden.

Darüber hinaus erklärte die SEC die Plattformen, auf denen die Münzen verkauft wurden, zu erlaubnispflichtigen Wertpapierhändlern. Die Ermittlungen erstrecken sich auch auf die deutschen Inhaber der Firma, die die DAO ins Leben gerufen hat.

Wo bleibt der Schutz der Investoren?

Investoren in Kryptowährungen und Token sollten sich fragen, wie sie eigentlich rechtlich geschützt sind, wenn die Münzen im Preis verfallen, die versprochene Leistung nicht erfolgt oder die Münzen gar von Hackern entwendet werden. Dabei stehen wir immer wieder vor juristisch hoch komplexem und spannendem Fragestellungen. Erfahren Sie mehr dazu im nächsten Teil dieser Serie.

 

Author

Manuel Lorenz ist Partner für Bankrecht bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern