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Grüner Wasserstoff ist als klimafreundlicher und nachhaltiger Energieträger für die weitere Entwicklung der deutschen Energiewende unverzichtbar. Die Bundesregierung will daher die Umstellung energieintensiver Unternehmen auf eine CO2-freie Produktion beschleunigen und den Einsatz grünen Wasserstoffs fördern. Welche Rolle spielen Klimaschutzverträge?

Der in der Nationalen Wasserstoffstrategie verankerte Aktionsplan setzt starke Anreize für Investitionsentscheidungen der Industrie. Die Einführung sog. „Klimaschutzverträge“ soll den Markthochlauf der grünen Wasserstoffproduktion in Deutschland, vor allem in der Schwerindustrie, konkret beschleunigen. Türkiser, blauer und roter Wasserstoff sind hingegen nicht berücksichtigt.

Klimaschutzverträge als Investitionsanreiz in CO2-freie Produktions- und Prozesstechnologien

Pilotprogramme zur Förderung wasserstoffbasierter Industrieproduktion sollen die Wettbewerbsfähigkeit industrieller Kernbranchen trotz angestrebter Dekarbonisierung der Schwerindustrie langfristig erhalten.

Als eine der in der deutschen Nationalen Wasserstoffstrategie vorgesehenen Maßnahmen konzipiert das Bundesumweltministerium (BMU) derzeit ein Förderinstrument in Form von Klimaschutzverträgen, englisch: Carbon Contracts for Difference (CfD / CCfD).

Diese Klimaschutzverträge sollen bestimmte in Deutschland ansässige Industrieunternehmen, die großtechnische Produktionsanlagen für Wasserstoff betreiben oder errichten wollen, mit einer (noch nicht festgelegten) staatlichen Stelle abschließen. In einer ersten Phase dieses Pilotprogramms sollen nur Unternehmen aus der Stahl-, Zement-, Kalk- und Ammoniakindustrie mit prozessbedingten Emissionen einen Antrag auf einen Vertragsabschluss stellen können.

Die Klimaschutzverträge sollen Unternehmen dazu ermutigen, in CO2-freie Produktions- und Prozesstechnologien zu investieren, bei denen grüner Wasserstoff Einsatz findet. Allerdings sollen nur die höheren Betriebskosten wegen des Einsatzes innovativer Wasserstofftechnologien ausgeglichen werden (und nicht die höheren Investitionskosten). Die Förderung über die Klimaschutzverträge ist an den CO2-Preis des Europäischen Emissionshandelssystems (EU ETS) gekoppelt und damit variabel. Die Grundstruktur der Betriebskosten, d.h. ihre Zusammensetzung und Determinanten, ist jedoch fix.

Sind die projektspezifischen CO2-Minderungskosten höher als das aktuelle CO2-Preisniveau (d.h. der Preis für Emissionszertifikate im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems), subventioniert der Staat das Projekt, indem er die Differenz finanziert. Werden die projektspezifischen CO2-Minderungskosten während der Vertragslaufzeit negativ, d.h. erweist sich das Projekt im Vergleich zu konventionellen Technologien als wirtschaftlich, kehrt sich die vertragliche Zahlungsverpflichtung entsprechend zugunsten des Staates um.

Beispiel zum Funktionsprinzip der Förderregelung

Das folgende Beispiel veranschaulicht das Funktionsprinzip dieser Förderregelung:

  • Bei der Herstellung eines Produkts mit konventioneller Technologie würden dem Unternehmen A Kosten in Höhe von 150.000 Euro entstehen, wobei es Emissionszertifikate für 50.000 Euro kaufen müsste.
  • Bei Verwendung einer treibhausgasneutralen Technologie zur Herstellung desselben Produkts hätte Unternehmen A Gesamtproduktionskosten von 160.000 Euro Die „CO2-Vermeidungskosten“ beliefen sich auf 60.000 Euro.
  • Solange der CO2-Preis/Preis für Emissionszertifikate relativ niedrig ist, ist die Produktion von Unternehmen A mit konventioneller Technologie billiger. Um Unternehmen A zu motivieren, mit einer treibhausgasneutralen Technologie zu produzieren, würde der Staat mit Unternehmen A einen CfD abschließen. Der CfD entschädigt Unternehmen A für die Differenz zwischen dem Marktpreis für Emissionszertifikate und den „Vermeidungskosten“, d.h. 10.000 Euro.

Ausblick: 1 Milliarde Euro für Klimaschutzverträge

Derzeit diskutiert die Bundesregierung noch die konkrete Ausgestaltung des Pilotprogramms für Klimaschutzverträge. Nach den „Eckpunkten für eine Förderrichtlinie zu Klimaschutzverträgen zur Umsetzung des Pilotprogramms „Carbon Contracts for Difference“ des BMU sollen CfDs wie folgt vergeben werden:

  • Das Vergabeverfahren für die CfDs wird als mehrstufiges Verfahren mit Wettbewerbselementen in Form einer Ausschreibung konzipiert. Das Gesamtbudget steht allen antragsberechtigten Sektoren gleichermaßen zur Verfügung. Es wird also keine Teilbudgets für einzelne Sektoren geben.
  • Zu den Zulassungskriterien gehören die erwartete Treibhausgasreduktion im Vergleich zur Referenzproduktion, der Innovationsgrad der verwendeten Technologie oder des Verfahrens, die Reife des Projekts, die Skalierbarkeit des Projekts und die Kosteneffizienz der Subvention.
  • Derzeit ist für die CfDs eine Laufzeit von zehn Jahren vorgesehen. Damit ermöglicht man den Unternehmen eine ausreichende Planungssicherheit.
  • Bislang liegen keine Zahlen dazu vor, welche Mittel für die CfDs insgesamt bereitgestellt werden müssen. Die Bundesregierung hat bislang lediglich mitgeteilt, dass das Programm nachfrageorientiert sei und sich deshalb zum jetzigen Zeitpunkt weder durchschnittliche Ausgleichszahlungen pro Unternehmen noch die Verteilung der Mittel auf einzelne Branchen angeben lassen würden. Allerdings hat eine im September 2021 veröffentlichte Studie errechnet, dass sich  Finanzierungskosten für Klimaschutzverträge alleine für den Bereich der energieintensiven Stahlindustrie auf 13 Mrd. bis 35 Mr. Euro belaufen werden.

Finanzierung des CfD-Pilotprogramms

Außerdem muss der Begriff „grüner Wasserstoff“ in diesem Finanzierungskontext so definiert werden, dass er mit anderen Finanzierungsinstrumenten vereinbar ist. Hierzu gehört die Finanzierung wichtiger Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (IPCEI).

Die Bundesregierung stellt für das CfD-Pilotprogramm im Haushaltsjahr 2022 insgesamt 900 Millionen Euro bereit. In diesem Gesamtbudget ist die im Rahmen des „Sofortprogramms Klimaschutz 2022“ beschlossene Budgeterhöhung von 650 Millionen Euro enthalten. Mittelfristig, bis 2024, sollen insgesamt 1 Milliarde Euro für das CfD-Pilotprogramm zur Verfügung gestellt werden.

Im Zuge der erfolgreichen Umsetzung wird entschieden, ob das Förderinstrument auf weitere Sektoren ausgedehnt werden soll.

Author

Claire Dietz-Polte ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Vivien Vacha ist Senior Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern