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Welche Arbeitgeberpflichten sind verbunden mit den anstehenden regelmäßigen Betriebsratswahlen 2022? Was müssen Arbeitgeber bei Wählerlisten beachten? Welche Sachmittel müssen sie für die Wahl bereitstellen? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen, die Arbeitgeber vor und während der Wahl im Auge behalten sollten.

Die Wählerliste – Dreh- und Angelpunkt für die Wahl

Die Wählerliste ist für die Wahl des Betriebsrats sehr bedeutend. Denn nur wer auf der Wählerliste steht, darf wählen und gewählt werden. Der Wahlvorstand erstellt die Wählerliste, die anschließend im Betrieb bekanntzumachen ist.

Bei der Erstellung der Wählerliste muss der Wahlvorstand u.a. die Schwellenwerte für die Unterzeichnung von Wahlvorschlägen beachten, die der Gesetzgeber mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 18. Juni 2021 einführte. In Betrieben mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern entfällt das Erfordernis einer Unterzeichnung der Wahlvorschläge künftig gänzlich. In Betrieben mit mehr als 20 und bis zu 100 Wahlberechtigten reichen zwei Unterschriften aus. Bei größeren Arbeitnehmerzahlen müssen entweder mindestens 5 Prozent oder mind. 50 Wahlberechtigte unterschreiben.

Der Arbeitgeber muss dem Wahlvorstand alle Auskünfte geben und Unterlagen bereitstellen, die nötig sind, um die Wählerliste zu erstellen. Das betrifft z.B. die Frage, wer als leitender Angestellter zu betrachten ist. Diese sind u.U. von der Wahl auszuschließen.

Da durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz das Wahlalter abgesenkt wurde, sind bei den Betriebsratswahlen 2022 auch beschäftigte Personen zu beteiligen, die erst das 16. Lebensjahr vollendet haben. Zuvor galt als Altersgrenze die Vollendung des 18. Lebensjahres.

Arbeitgeber muss Unterlagen bereitstellen

Welche Unterlagen der Arbeitgeber bereitstellen muss, ist nicht eindeutig geregelt. Generell muss er jedoch keine Vertragsdokumente zur Verfügung stellen. Den rechtlichen Status eines Mitarbeiters kann er zunächst einmal selbst einschätzen.

In puncto Leiharbeitnehmer muss der Arbeitgeber zumindest Informationen zum Beginn und voraussichtlichen Ende des Einsatzes mitteilen. Nur so kann der Wahlvorstand prüfen, ob ein Leiharbeitnehmer wahlberechtigt ist. Wird diese Arbeitgeberpflicht verletzt, ist die Wahl zwar nicht anfechtbar. Aber der Wahlvorstand kann durch eine einstweilige Verfügung die Unterlagen einfordern.

Wählerliste elektronisch bekanntmachen

Die Wahlordnung erlaubt, die Wählerliste in elektronischer Form bekanntzumachen. Jedoch müssen alle Arbeitnehmer davon Kenntnis erlangen können. Außerdem sind Vorkehrungen zu treffen, dass nur der Wahlvorstand Änderungen ausführen kann.

Die Wählerliste kann dann auch ins betriebseigene Intranet gestellt werden. Um sicherzustellen, dass die Arbeitnehmer von der Liste Kenntnis nehmen können, sollte man sie z.B. per E-Mail darauf hinweisen, wo sich die Wählerliste befindet.

Nur bis zum Tag vor der Wahl ist es möglich, die Wählerliste zu ändern. Dies erfordert einen Änderungsgrund. Änderungsgründe sind z.B. Schreibfehler, offenbare Fehler, erledigte Einsprüche oder, dass ein Wahlberechtigter eingetreten bzw. ausgeschieden ist.

Mit der zeitlichen Begrenzung für Änderungen soll Wahlmanipulationen vorgebeugt werden. Macht der Betriebsrat am Tag der Wahl handschriftliche Änderungen der Wählerliste, ist die Betriebsratswahl nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21. März 2017 (7 ABR 19/15) anfechtbar. Im konkreten Fall hatte der Betriebsrat weitere, zu Unrecht bisher nicht genannte Arbeitnehmer der Liste hinzugefügt.

Wahlversammlung in Kleinbetrieben löst ebenfalls Arbeitgeberpflichten aus

Die Wahlversammlung ist für das vereinfachte Wahlverfahren für Kleinbetriebe, d.h. – seit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz – mit bis zu 100 Arbeitnehmern (bislang: 50), vorgesehen. Doch auch Arbeitgeber und Wahlvorstand in Betrieben mit bis zu 200 Arbeitnehmern (bislang: 100) können das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren.

Die Vereinbarung über ein vereinfachtes Wahlverfahren hat keine Dauerwirkung. Sie muss dementsprechend für die Betriebsratswahlen 2022 neu getroffen werden. Dies gilt auch dann, wenn bereits die letzte Betriebsratswahl wegen einer Vereinbarung im vereinfachten Wahlverfahren stattfand. Schweigt der Arbeitgeber auf einen Vorschlag des Betriebsrats, hat das keine Wirkung. Daher gilt dann das reguläre Wahlverfahren. Erfolgt die Wahl des Betriebsrats dennoch im vereinfachten Wahlverfahren, ist sie anfechtbar.

Auf die Einladung zur Wahlversammlung müssen alle Arbeitnehmer Zugriff haben, z.B. per E-Mail. Andernfalls kann die Wahl des Betriebsrats nichtig sein. Die Folge: Die Wahl ist abzubrechen. Der Arbeitgeber muss den einladenden Arbeitnehmern oder der einladenden Gewerkschaft die erforderliche Technik bereitstellen.

Als weitere Arbeitgeberpflicht muss der Arbeitgeber sofort nach Aushang der Einladung den einladenden Arbeitnehmern bzw. der Gewerkschaft alle Unterlagen übergeben, die nötig sind, um die Wählerliste anzufertigen. Die Unterlagen müssen sich in einem versiegelten Umschlag befinden. Es reicht, dass der Umschlag fest verschlossen und der Verschluss mit dem Stempel des Arbeitgebers versehen ist.

Arbeitgeberpflichten bei Sachmitteln und sonstigen Kosten der Wahl

Der Arbeitgeber trägt nach § 20 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) die Kosten der Wahl. Er muss also dem Wahlvorstand die nötigen Sachmittel für die Wahl bereitstellen. Weitere Arbeitgeberpflichten: Er muss dem Wahlvorstand die erforderlichen Räume überlassen und einrichten. Zudem muss er Büromaterial, Telefon, Gesetzestexte und Kommentare bereitstellen und auch die Kosten einer angemessenen und adäquaten Schulung tragen. Letzteres hat der Arbeitgeber selbst dann zu übernehmen, wenn der Wahlvorstand bereits Wahlen geleitet hat.

Vor den letzten regulären Betriebsratswahlen hat das Arbeitsgericht Berlin mit Beschluss vom 16. März 2017 (63 BV 11412/16) allerdings zu Recht entschieden, dass die Ausstattung des Büros des Wahlvorstandes kein Selbstzweck ist. Es ginge nicht darum, ein Büro mit optimalen Arbeitsmaterialien auszustatten, die auch ein längeres Arbeiten ohne Beeinträchtigungen ermöglichen. Vielmehr sei entscheidend, dass der Arbeitgeber dem Wahlvorstand für die Dauer seiner Arbeit die Sachmittel bereitstellt, die er für diese Aufgabe benötigt.

Das Arbeitsgericht lehnte daher den Antrag des Wahlvorstands ab. Dieser hatte u.a. eine Ausstattung mit einem höhenverstellbarem Schreibtisch bestimmter Maße sowie einem höhenverstellbarem Bürostuhl mit Armlehnen und weiteren Spezifikationen verlangt.

Arbeitgeberpflichten in puncto Neutralität

Für den Arbeitgeber ist bei Betriebsratswahlen nicht nur die beschriebene sachlich-unterstützende Funktion entscheidend. Er muss zudem auch die gesetzlich vorgegebene Neutralitätspflicht wahren. Andernfalls kann dies Grund für eine Anfechtung der Wahl sein.

Arbeitgeber sollten wissen, was sie vor dem Hintergrund der Neutralitätspflicht tun dürfen oder was sie unterlassen müssen. Generell gilt: Dem Arbeitgeber ist jegliche Wahlwerbung untersagt. Denn die Betriebsratswahl ist Sache der Arbeitnehmer im Betrieb. Der Arbeitgeber darf hierauf keinen unzulässigen Einfluss nehmen.

Nach einem Beschluss des BAG vom 25. Oktober 2017 (7 ABR 10/16) darf der Arbeitgeber aber Kritik am bestehenden Betriebsrat äußern. Er darf auch Sympathie mit bestimmten Listen oder Kandidaten bekunden. Versucht der Arbeitgeber jedoch, die Wahl zu beeinflussen, macht das die Wahl anfechtbar. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber Arbeitnehmern im Zusammenhang mit der Wahl Nachteile androht oder zufügt oder andererseits Vorteile verspricht oder gewährt.

Gleichfalls unzulässig wäre die finanzielle oder sonstige tatsächliche Unterstützung von Wahlwerbung einer oder mehrerer bestimmter Vorschlagslisten durch den Arbeitgeber.

Durch ein Unterlassen wird der Arbeitgeber dagegen nur selten gegen die Neutralitätspflicht verstoßen. Hierfür wäre eine Rechtspflicht des Arbeitgebers zum Handeln nötig. Diese nimmt die Rechtsprechung selbst bei unzulässigen Werbemaßnahmen Dritter richtigerweise nur in Ausnahmefällen an.

Author

Petra Hess ist Counsel bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Sebastian Pfrang ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern