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Wer die die Betriebsratswahlen 2022 vorbereitet, muss auch den Wahlvorstand bestellen – sei es bei wiederkehrenden Betriebsratswahlen oder bei erstmaliger Wahl. Wir  stellen die rechtlichen Vorgaben vor und zeigen, was bei der Bestellung des Wahlvorstands zu beachten ist.

Aufgaben des Wahlvorstands

Der Wahlvorstand übernimmt wichtige Aufgaben bei der Wahl des Betriebsrats. Sobald er bestellt ist, muss er unverzüglich die Wahl vorbereiten und einleiten. Er erstellt u.a. die Wählerliste. Zudem stellt er fest, wieviele Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, und wann die Stimmabgabe erfolgen soll  (Tag, Ort und Zeit). Außerdem beschafft er Stimmzettel, Wahlumschläge und Wahlurnen.

Regelmäßige Betriebsratswahlen

Wie der Wahlvorstand bei regelmäßigen Betriebsratswahlen zu bestellen ist, bestimmt § 16 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Bei den regelmäßigen Betriebsratswahlen ist der Wahlvorstand spätestens zehn Wochen vor Ende der Amtszeit des bestehenden Betriebsrats zu bestellen. Er besteht aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern. Einer von ihnen ist der Vorsitzende. Falls dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist, kann man mehr als drei Mitglieder des Wahlvorstandes bestellen.

Der Wahlvorstand muss jedoch aus einer ungeraden Anzahl an Mitgliedern bestehen. Soweit möglich, sollen ihm  Frauen und Männer angehören.

Zudem kann man Ersatzmitglieder für den Wahlvorstand bestimmen. Diese vertreten Mitglieder des Wahlvorstands, wenn sie verhindert sind, und ersetzen sie, wenn sie ausscheiden. Wegen der anhaltenden pandemischen Lage ist es empfehlenswert, möglichst viele Ersatzmitglieder zu bestimmen, damit sie im Falle einer Erkrankung oder einer Quarantäne einspringen können.

Wahlvorstand bestimmen

Der Betriebsrat selbst bestimmt den Wahlvorstand. Hierfür reicht ein Beschluss mit einfacher Mehrheit nach § 33 BetrVG. Auch der Betriebsausschuss kann den Wahlvorstand bestellen, wenn der Betriebsrat ihm diese Aufgabe übertragen hat. Außerdem bestimmt der Betriebsrat den Vorsitzenden des Wahlvorstands. Wird ein Beschluss nicht gefasst, wählt der Wahlvorstand selbst eines seiner Mitglieder als Vorsitzenden.

Ein Sonderfall: Der Betriebsrat hat acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats keinen Wahlvorstand bestellt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Das Arbeitsgericht bestellt einen Wahlvorstand auf Antrag von mind. drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft (§ 16 Abs. 2 BetrVG). Alternativ bestellt ein Gesamtbetriebsrat oder ein Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand (§ 16 Abs. 3 BetrVG).

Betriebsrat erstmals wählen

Das Betriebsverfassungsgesetz regelt auch, wie der Wahlvorstand bestellt wird, wenn ein Betriebsrat erstmals gewählt wird (§§ 16 Abs. 1, 2, 17 BetrVG).

Hier ist es jederzeit möglich, einen Wahlvorstand zu bestellen. Dieser besteht aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern. Einer von ihnen übernimmt den Vorsitz. Auch hier kann man mehr als drei Mitglieder des Wahlvorstands bestellen, falls erforderlich. Ersatzmitglieder kann man ebenfalls ernennen.

Besonderheiten im Verfahren einer erstmaligen Wahl

Im Verfahren gibt es weitere Besonderheiten:

Gibt es im Betrieb einen Gesamtbetriebsrat oder einen Konzernbetriebsrat, bestimmt dieser den Wahlvorstand. Andernfalls wählt in einer Betriebsversammlung die Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer den Wahlvorstand. Zur Betriebsversammlung können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen.

Es findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder es wird während der Betriebsversammlung kein Wahlvorstand gewählt? In diesem Fall bestellt das Arbeitsgericht auf Antrag von mind. drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft den Wahlvorstand.

Sonderfall Kleinbetrieb

Betriebe mit fünf bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern sind ein sog. Kleinbetrieb. Für solche Kleinbetriebe gibt es zwingend ein vereinfachtes Verfahren (§§ 14a, 17a BetrVG). Folgende Besonderheiten sind zu beachten, wenn der Wahlvorstand zu bestellen ist:

  • Der Betriebsrat bestellt den Wahlvorstand spätestens vier Wochen vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats. Hat der Betriebsrat drei Wochen vor Ende der Amtszeit keinen Wahlvorstand bestellt, können entweder das Arbeitsgericht oder der Konzern- bzw. Gesamtbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen.
  • In Betrieben ohne Betriebsrat findet das vereinfachte Verfahren in zwei Schritten statt: Auf der ersten Wahlversammlung wählt man den Wahlvorstand. Die Einladung hierzu muss mind. sieben Tage zuvor erfolgen. Auf der zweiten Wahlversammlung wird dann in geheimer und unmittelbarer Wahl der Betriebsrat gewählt.
  • Die Anzahl der Mitglieder des Wahlvorstands kann nicht erhöht werden.
  • Auch in größeren Betrieben kann das vereinfachte Verfahren vereinbart werden: Ist der Wahlvorstand bestellt, kann dieser in Betrieben mit i.d.R. zwischen 101 und 200 Arbeitnehmern mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass für die nachfolgende Wahl des Betriebsrates das vereinfachte Wahlverfahren angewandt wird. Gegebenenfalls wird auch in diesen Betrieben auf der zweiten Wahlversammlung in geheimer und unmittelbarer Wahl der Betriebsrat gewählt.

Wahlvorstand rechtzeitig bestellen

Der Wahlvorstand erfüllt wichtige Aufgaben. Damit er seinen Verpflichtungen rechtzeitig nachkommen kann, sollten diejenigen, die am Verfahren beteiligt sind, rechtzeitig aktiv werden.

Das ist gerade für die anstehenden regelmäßigen Betriebsratswahlen wichtig. Im Frühjahr 2022 sollte man die nötigen Schritte frühzeitig einleiten und den Wahlvorstand rechtzeitig  bestellen. Der Arbeitgeber sollte sich über die Bestellung des Wahlvorstands in seinem Betrieb umfassend informieren. So kann er bei Fehlern rechtzeitig reagieren.

Kündigungsschutz durch Betriebsrätemodernisierungsgesetz erweitert

Mit Wirkung vom 18. Juni 2021 wurde der Sonderkündigungsschutz für Arbeitnehmer erweitert, die sich für die Errichtung eines Betriebsrates engagieren. Durch den Sonderkündigungsschutz können Arbeitnehmer während einer bestimmten Zeitspanne nur eingeschränkt gekündigt werden.

Für die Bestellung des Wahlvorstandes genossen bislang max. drei Arbeitnehmer Sonderkündigungsschutz, eben jene, die zur Wahl eines Wahlvorstandes einladen oder die Bestellung eines Wahlvorstandes beantragen – den Wahlvorgang also initiieren.

Dieser Sonderkündigungsschutz greift vom Zeitpunkt der Einladung oder des Antrags an bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse der Betriebsratswahl. Während dieses Zeitraums sind ordentliche (i.e. personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte) Kündigungen ausgeschlossen.

Nunmehr wurde die maximale Anzahl der Arbeitnehmer, die zur Wahl des Wahlvorstandes einladen und daher Sonderkündigungsschutz genießen, von drei auf sechs erhöht.

Sonderkündigungsschutz genießen nun zusätzlich auch solche Arbeitnehmer, die die Errichtung eines Betriebsrates vorbereiten und eine öffentlich beglaubigte (d.h. notarielle) Erklärung über ihre Absicht abgeben. Kurz: Geschützt werden all jene Arbeitnehmer, die sich bereits vor dem eigentlichen Wahlverfahren erklärtermaßen dafür einsetzen, dass ein Betriebsrat errichtet wird.

„Vorbereitung“ bezieht sich auf jedes Verhalten, das für Dritte erkennbar zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl geeignet ist. Darunter fallen nach der Gesetzesbegründung z.B. Gespräche mit anderen Arbeitnehmern, um die Unterstützung für eine Betriebsratsgründung zu ermitteln. Auch gezielte Gespräche über das Pro und Contra einer Betriebsratsgründung gehören dazu.

Dieser Sonderkündigungsschutz greift von der Abgabe der Erklärung an bis zur Einladung zur Wahl des Wahlvorstandes. Allerdings gilt dieser Schutz max. drei Monate. Während dieser Zeit sind personen- und verhaltensbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Dagegen sind betriebsbedingte Kündigungen weiterhin möglich.

Author

Amelie Czekalla ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Benedict Seiwerth ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern