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Mit der Zwölften Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung („AWV“) verschärft die Bundesregierung die Investitionsprüfung und Kontrolle ausländischer Direktinvestitionen. Wir zeigen, welche Regeln Erwerber und Zielunternehmen nun beachten müssen.

Prüfeintrittsschwelle für Transaktionen herabgesetzt

Die wichtigste Neuerung der Novelle vom 29. Dezember 2018 liegt in der nun deutlich niedrigeren Prüfeintrittsschwelle für Transaktionen. Zuvor konnte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie („BMWi“) bei sektorspezifischen Investitionsprüfungen lediglich Transaktionen mit einem Mindestumfang von 25 Prozent der Stimmrechtsanteile prüfen.

Nun genügt es, wenn bei solchen Transaktionen 10 Prozent der Stimmrechtsanteile den Besitzer wechseln. Gegenstand der sektorspezifischen Prüfung sind Transaktionen mit Anteilen an Zielunternehmen, die in der Rüstungsindustrie oder im Bereich IT-Verschlusssachen tätig sind (vgl. § 60 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-5 AWV).

Sektorübergreifende Investitionsprüfungen bei Unternehmen

Außerdem gilt die neue 10-Prozent-Schwelle für sektorübergreifende Investitionsprüfungen (vgl. § 55 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-6 AWV) bei Unternehmen, die in einem der dort ausdrücklich bezeichneten Wirtschaftsbereiche tätig sind (siehe erster Beitrag unserer Reihe zur Investitionskontrolle „Einstieg ausländischer Investoren – so funktioniert die deutsche Investitionskontrolle).

Zugleich wurden für die Fälle mit der niedrigeren Prüfeintrittsschwelle auch die Schwellenwerte herabgesetzt, ab denen die Stimmrechtsanteile Dritter hinzugerechnet werden. Dem Erwerber werden also die Stimmrechtsanteile all derjenigen Drittunternehmen an einem Zielunternehmen zugerechnet, an denen er mehr als 10 Prozent hält. So können auch längere Zurechnungsketten entstehen.

Insgesamt fallen also deutlich mehr Transaktionen in den Anwendungsbereich der Investitionsprüfung als zuvor. Zudem müssen Erwerber alle Transaktionen, für die die neuen Schwellenwerte gelten, gegenüber dem BMWi anzeigen.

Investitionskontrolle auf Medienunternehmen ausgeweitet

Die zweite wichtige Neuerung: Die Investitionskontrolle betrifft jetzt auch Medienunternehmen. Dazu zählen Unternehmen, die durch Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnisse zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen.

Die Ausweitung auf Medienunternehmen steht im engen Zusammenhang mit der Verordnung für einen europäischen Rahmen zur Investitionskontrolle. Diese werden wir im nächsten Blog-Beitrag vorstellen. Die neue EU-Rahmenverordnung tritt im April 2019 in Kraft und erkennt den Schutz der Freiheit und Pluralität der Medien erstmals ausdrücklich als Schutzgut für Investitionsprüfungen an.

Weshalb wurde die Investitionsprüfung verschärft?

Laut Bundesregierung besteht nicht erst bei Erreichen der Sperrminorität von 25 Prozent Prüfungsbedarf. Diese Einschätzung stützt die Bundesregierung auf die Definition der OECD. Danach liegt eine Direktinvestition, die durch langfristiges Interesse und den Kontrollanspruch des Investors gekennzeichnet ist, i.d.R. schon bei einem Erwerb von 10 Prozent der Stimmrechtsanteile vor.

Der Fall „50 Hertz“

Weshalb die Bundesregierung die Investitionsprüfung verschärft hat, wird klarer, wenn man sich das Geschehen rund um die brisante Transaktion von Anteilen an der 50 Hertz Transmission GmbH („50 Hertz“) näher ansieht. Schließlich verweist auch die Verordnungsbegründung indirekt auf den 50 Hertz-Fall: Sie spricht von Einzelfällen, die gezeigt hätten, dass auch unterhalb der früheren Schwelle Prüfbedarf bestehen kann.

50 Hertz ist eine ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiberin. Das Unternehmen verantwortet die Stromversorgung von rund 18 Millionen Einwohnern in Deutschland. Der chinesische Staatskonzern State Grid Corporation of China beabsichtigte im Frühjahr 2018, 20 Prozent der Anteile an 50 Hertz zu kaufen, welche zu diesem Zeitpunkt bei einem australischen Infrastrukturfonds lagen.

Die Mehrheit der Anteile an 50 Hertz hielt die belgische Übertragungsnetzbetreiberin Elia System Operator S.A. („Elia“). Die Bundesregierung nahm Verhandlungen mit Elia auf und brachte sie dazu, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Diesen Anteil wiederum übernahm die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau zum gleichen Preis von etwas unter einer Milliarde Euro.

Begründung des BMF und des BMWi

Das Bundesfinanzministerium und das BMWi begründeten die Intervention in einer gemeinsamen Erklärung mit der Bedeutung von 50 Hertz für die Stromversorgung in Deutschland. Darin wird 50 Hertz als kritische Infrastruktur i.S.v. § 2 Abs. 10 der Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz („BSI-Kritisverordnung“) eingeordnet.

Diesen eher unkonventionellen Weg hätte man mit dem neuen Schwellenwert von 10 Prozent nicht gehen müssen.

Author

Anahita Thoms ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

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Yeelen Bihn ist Law Clerk bei Baker McKenzie.