Search for:

Ende 2018 hat der chinesische Gesetzgeber einen neuen Entwurf für ein „Foreign Investment Law“ („外商投资法“) (FIL) veröffentlicht. Vorgestellt wurde ein erster Entwurf bereits Anfang 2015. Welche Unterschiede bestehen zwischen beiden Fassungen und was bedeutet der neue Entwurf für ausländische Investoren? Ein Überblick.

Am 19. Januar 2015 hatte das Ministry of Commerce der VR China (MOFCOM) einen ersten Entwurf für ein „Foreign Investment Law“ („外国投资法“) (FIL) zur öffentlichen Kommentierung bekanntgemacht. Der damalige Entwurf stellte in Aussicht, dass das Recht betreffend ausländische Investitionen in China, wie es seit der Reform und Öffnung gewachsen ist, grundlegend neugeordnet wird.

Die obligatorischen Investitionsvehikel sollten entfallen. Ausländisch investierte Gesellschaften sollten weitgehend den einheimischen Gesellschaften gleichgestellt werden. Zudem sollten zahlreiche Rechtsmaterien, die bisher über mehrere Gesetze und Rechtsvorschriften verteilt waren, im FIL konsolidiert und reformiert werden.

Mehr Prinzipien und Grundsätze – kaum operative Regelungen

Fast vier Jahre später stellte der zuständige chinesische Gesetzgeber, der Ständige Ausschusses des Nationalen Volkskongresses („全国人民代表大会常务委员会“), einen neuen, überarbeiteten Entwurf für das FIL vor. Dieser trägt nicht nur äußerlich bereits einen leicht veränderten Titel („外投资法“ anstatt „外投资法“).

Der neue Entwurf ist vor allem inhaltlich deutlich schlanker als der von 2015: Statt 11 Kapitel und 170 Paragrafen hat er lediglich 39 Paragrafen in 6 Kapiteln. Zahlreiche detaillierte operative Regelungen aus dem alten Entwurf wurden nicht übernommen. Stattdessen findet man im FIL nun überwiegend Prinzipien und Grundsätze.

National Security Review

Verdeutlicht sei diese Tendenz am Beispiel der „National Security Review“ („国家安全审查“), der chinesischen Investitionsprüfung: Der 2015’er Entwurf zum FIL enthielt noch ein 27 Paragrafen umfassendes Kapitel mit detaillierten Regelungen zu Zuständigkeit, Verfahren und Form der Investitionsprüfung.

Der 2018’er Entwurf hingegen verweist in einem einzelnen Paragrafen darauf, dass der Staat ein System zur Prüfung ausländischer Investitionen betreibt. Das in 2015 noch enthaltene Kapitel wurde ersatzlos gestrichen.

Entsprechend wird die chinesische Investitionsprüfung wohl auch mit Inkrafttreten des FIL weiterhin nach den bereits geltenden Vorschriften und somit außerhalb des „Foreign Investment Law“ geregelt.

Auch zahlreiche weitere operative Regelungen wurden nicht in den neuen Entwurf übernommen und stattdessen durch Rechtsverweise ersetzt. Die folgende Grafik verdeutlicht, welche Rechtsmaterien entgegen dem 2015’er Entwurf nun vermutlich doch außerhalb des FIL geregelt werden sollen:

Einige grundlegende Änderungen bleiben

Neben zahlreichen Streichungen hat der 2018’er Entwurf aber auch einige der bereits 2015 angelegten grundlegenden Änderungen übernommen. Hierzu zählt z.B. die beabsichtige Abschaffung der Investitionsvehikel.

Auch der neue Entwurf stellt klar, dass mit Inkrafttreten des FIL die gesetzlichen Grundlagen für „Equity Joint Ventures“ (EJV), „Cooperative Joint Ventures“ (CJV) und „Wholly Foreign-Owned Enterprises“ (WFOE) außer Kraft treten werden.

Im Wesentlichen übernommen wurde zudem die Definition des „Foreign Investment“ („外商投资“). Diese steht im Zentrum des Anwendungsbereiches des FIL. Sie umfasst, wie schon 2015, direkte und indirekte Investitionen ausländischer natürlicher Personen, Unternehmen und anderer Organisationen.

Was wurde gestrichen?

Weggefallen sind hingegen zahlreiche im alten Entwurf noch enthaltene ergänzende Definitionen und Präzisierungen zum Begriff des „Foreign Investment“. Der 2015’er Entwurf lieferte im 2. Kapitel etwa auch präzisierende Auflistungen zum Begriff des „Foreign Investment“ sowie Definitionen der Begriffe „Foreign Investor“ und „actual control“.

Da diese nun weggefallen sind, ergeben sich mit dem neuen Entwurf einige Unwägbarkeiten. Unklar ist etwa, ob die Erlangung der „actual control“ über ein Unternehmen als Investition im Sinne des FIL gesehen werden soll.

Der Einfluss des Handelsstreits auf das Foreign Investment Law

Der 2018’er Entwurf enthält zudem einige Neuerungen gegenüber der alten Fassung. Diese lassen sich mitunter auch auf die gegenwärtigen Handelsgespräche zwischen China und den USA zurückführen. Im neuem Entwurf schützt der chinesische Staat ausdrücklich das geistige Eigentum ausländischer Investoren und ausländisch investierter Unternehmen.

Staatliche Behörden dürfen demnach keinen zwangsweisen Technologietransfer betreiben. Die Ergänzung derartiger Grundsätze dürfte auch politischen Charakter haben, denn der zwangsweise Technologietransfer ist ein bedeutendes Thema im Handelsstreit zwischen den USA und China.

Konzept der Negativ-Liste

Einige der im alten Entwurf angelegten Neuerungen wurden schon vor Veröffentlichung des 2018’er Entwurfs umgesetzt. Hierzu gehört z.B. das Konzept der Negativ-Liste („负面清单“).

Anders als der frühere Investitionskatalog für ausländische Investoren („外商投资产业指导目录“) sieht das Konzept der Negativ-Liste vor, dass nicht mehr jede erdenkliche Industrie für ausländische Investitionen geregelt wird. Stattdessen werden lediglich die für ausländische Investoren beschränkten und verbotenen Industrien erfasst. Alle nicht erfassten Industrien stehen dem Zugang ausländischer Investitionen frei.

Dieses Konzept wurde in den Free Trade Zones bereits seit 2013 erprobt und in 2017 erstmalig auf nationaler Ebene implementiert. Zeitgleich mit dem 2018’er Entwurf des FIL veröffentlichte man nun am 21. Dezember 2018 eine neue landesweite Negativ-Liste: die „Negative List for Market Access (2018)“ („市场准入负面清单(2018年版)“).

Der lange Weg vom Entwurf zum Gesetz

Wann das FIL in Kraft treten wird, ist unklar. Auf dem 2018’er Gesetzgebungsplan des zuständigen Gesetzgebers wurde das FIL als „erstmalig zu beraten“ („初次审议“) im Dezember 2018 ausgewiesen. Vom Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses zu verabschiedende Gesetzesentwürfe bedürfen für gewöhnlich drei solcher Beratungen.

Wie viel Zeit die drei Beratungen in Anspruch nehmen werden, ist wiederum nicht abzusehen. Nachdem das FIL bis hierher fast vier Jahre benötigt hat, wurde die zweite Beratung nun überraschend früh bereits für Ende Januar 2019 angesetzt. Mit einer Verabschiedung kann daher eventuell schon in diesem Jahr gerechnet werden.

Das Bild vom erstmalig in 2015 vorgestellten „Foreign Investment Law“ hat sich mit dem überarbeiteten 2018’er Entwurf deutlich geändert: Anders als der 2015’er Entwurf stellt der neue Entwurf keine weitreichenden Konsolidierungen und Reformierungen durch das FIL in Aussicht. Vielmehr lässt der neue Entwurf ein Rechtswerk erahnen, das vor allem Prinzipien und Grundsätze enthalten wird.

Author

Thomas Gilles ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Author

Kai Schlender ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern