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Am 20. Juli 2018 hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf entschieden, dass Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen für Unternehmensleitungen und Leitende Angestellte (sog. D&O-Versicherungen) nicht ohne weiteres Rückerstattungsansprüche für Zahlungen abdecken, die ein Geschäftsführer einer GmbH nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens tätigt.

Obwohl Rückerstattungsansprüche abgedeckt werden können, sehen viele ältere Versicherungsverträge dies nicht vor. Geschäftsführer sollten deshalb den Umfang ihres Versicherungsschutzes überprüfen.

Hintergrund der Entscheidung

Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) haften grundsätzlich gem. § 64 GmbHG für den Ersatz von Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife des Unternehmens (d.h. Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) geleistet werden. Gleiches gilt für Vorstände von Aktiengesellschaften gem. § 92 Abs. 2 AktG.

Ob dieses Haftungsrisiko durch eine D&O-Standardversicherung gedeckt ist, wird seit einigen Jahren diskutiert. Mit seiner jüngsten Entscheidung hat das OLG Düsseldorf dieses Thema in den Mittelpunkt gestellt. Das Gericht hat entschieden, dass eine D&O-Standardversicherung keine Ersatzansprüche aufgrund von Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens getätigt wurden, abdeckt.

Kein typisches Risiko im Sinne von D&O-Versicherungen

In dem betreffenden Fall hatte eine Geschäftsführerin einer GmbH geklagt. Nach der Insolvenz des Unternehmens hatte der Insolvenzverwalter ein rechtskräftiges Zahlungsurteil in Höhe von 200.000 Euro erwirkt. Die Geschäftsführerin erhob daraufhin Klage auf Freistellung gegen ihren D&O-Versicherer.

Sie war der Ansicht, ihre D&O-Versicherung erfasse auch den Rückerstattungsanspruch des Insolvenzverwalters als typisches Risiko eines Geschäftsführers, der verpflichtet ist, das Unternehmensvermögen im Interesse der Gläubiger gem. § 64 GmbHG zu erhalten. Das OLG Düsseldorf folgte dieser Argumentation nicht und entschied zugunsten des D&O-Versicherers.

Nach Auffassung des Gerichts gilt der Ersatzanspruch nach § 64 GmbHG nicht als Schadenersatzanspruch im Sinne des Versicherungsvertrages. Denn dieser Anspruch zielt darauf ab, die Verluste der Gläubiger und nicht die dem Unternehmen entstandenen Schäden auszugleichen. Die D&O-Versicherung sei allerdings nicht auf den Schutz der Gläubigerinteressen ausgelegt.

Deshalb, und weil der Ersatzanspruch nicht den unterschiedlichen Verteidigungsmöglichkeiten eines Schadensersatzanspruchs unterliegt, befand das Gericht, dass er nicht unter den Versicherungsschutz der D&O-Standardversicherung fällt.

Die Entscheidung des OLG betont die Risiken, denen sich Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände von Aktiengesellschaften in einer Finanzkrise gegenübersehen. Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Das Urteil kann allenfalls dann noch gekippt werden, wenn der Bundesgerichtshof einer Nichtzulassungsbeschwerde stattgibt und über den Fall entscheidet. Es ist daher zu erwarten, dass die Entscheidung für die Praxis maßgeblich werden wird.

Praktische Folgen für Unternehmen

Zur Verfolgung von Ansprüchen gem. § 64 GmbHG muss ein Insolvenzverwalter lediglich nachweisen, dass die Zahlungen nach Eintritt der Insolvenz des Unternehmens erfolgten. Geschäftsführer müssen deshalb die finanzielle Lage ihres Unternehmens genau überwachen und geeignete Maßnahmen ergreifen, um ihre Haftungsrisiken zu minimieren.

Nach der Entscheidung des OLG sollten Geschäftsführer zudem den Umfang bestehender D&O-Versicherungen überprüfen. Während vor Kurzem abgeschlossene D&O-Versicherungen bereits eine zusätzliche Deckung für Ersatzansprüche beinhalten können, ist dies bei älteren Versicherungspolicen normalerweise nicht der Fall.

Author

Holger Ellers ist Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern