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Kunden oder Gästen einen kostenlosen Internetzugang per WLAN  zu Verfügung stellen: Eine Selbstverständlichkeit in der heutigen Zeit. Zumindest in den meisten Ländern. Nicht so in Deutschland. Bislang verzichten hier viele Betreiber eines WLANs darauf, den Zugang zu ihrem WLAN für Dritte zu öffnen, damit diese das Internet nutzen können.

Grund hierfür: Die Angst für Rechtsverstöße der Nutzer haften zu müssen (etwa Verstöße gegen das Urheberrecht durch rechtswidrige Downloads), insbesondere im Rahmen der so genannten Störerhaftung. Doch Abhilfe naht und die Chancen stehen gut, dass zukünftig auch in Deutschland öffentliche WLANs eine größere Verbreitung finden. Grundlage hierfür ist ein neues Gesetz, das der Bundestag am 30. Juni 2017 verabschiedet hat.

Dieses neue Gesetz soll nach dem Willen des Gesetzgebers durch eine Änderung des Telemediengesetzes die Haftung von Betreibern eines WLANs für Rechtsverletzungen Dritter weitgehend ausschließen. Ziel ist es für Betreiber eines öffentlichen WLANs Rechtssicherheit zu schaffen und dadurch den Anreiz zu erhöhen, offene WLAN-Zugänge bereitzustellen. Hier die Kernpunkte des neues Gesetzes – zusammengefasst und bewertet.

Weitgehende Haftungsbeschränkung für WLAN-Betreiber

Das Gesetz sieht vor, dass Diensteanbieter für rechtswidrige Handlungen eines Nutzers nicht auf Schadenersatz oder Beseitigung bzw. Unterlassung der Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden können. Mit Diensteanbietern sind insbesondere Accessprovider und damit auch Betreiber öffentlicher WLANs gemeint, die den Zugriff auf das Internet ermöglichen.

Zugleich können dem Betreiber des öffentlicher WLANs gegenüber auch keine vor- oder außergerichtlichen Kosten mehr wegen solcher Rechtsverletzungen geltend gemacht werden. Insbesondere die Kosten der so gefürchteten Abmahnungen fallen hierunter und weg.

Konsequenz der Regelung: Verstößt der Nutzer eines öffentlich zugänglichen WLANs etwa durch rechtswidrige Downloads urheberrechtlich geschützter Inhalte (z.B. Filme, Musik, E-Books) gegen das Urheberrecht, kann der WLAN-Betreiber hierfür nicht haftbar gemacht werden. Insbesondere muss er nicht für Anwaltskosten in Zusammenhang mit einer Abmahnung durch einen Rechteinhaber aufkommen.

Gewisses Restrisiko

Ein Restrisiko verbleibt allerdings: So sind gerichtliche Kosten vom WLAN-Betreiber zu zahlen, soweit dieser in einem Prozess unterliegt. Dieses Risiko dürfte allerdings überschaubar sein. Aufgrund der neuen gesetzlichen Regelungen werden sich Rechteinhaber genau überlegen müssen, ob sie einen Prozess gegen einen WLAN-Betreiber anstrengen.

Die weitgehende Freistellung des WLAN-Betreibers von Haftung greift nicht, soweit dieser für eine Rechtsverletzung verantwortlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der WLAN-Betreiber mit einem seiner Nutzer zusammenarbeitet, um rechtswidrige Handlungen zu begehen – etwa Verletzungen des Urheberrechts.

Keine Pflicht zur Nutzerregistrierung

Das Gesetz enthält ferner eine Klarstellung, dass WLAN-Betreiber nicht von einer Behörde verpflichtet werden dürfen, Nutzer zu registrieren, ihr WLAN nicht mehr anzubieten oder die Eingabe eines Passworts zu verlangen. Hürden, die einer Öffnung von WLANs entgegenstehen, sollen somit abgebaut werden.

Dies klingt für Betreiber eines WLANs auf den ersten Blick vielversprechend. Der Wortlaut der Regelung schließt jedoch eine entsprechende Verpflichtung durch ein Gericht gerade nicht aus. Die vom Bundesrat angeregte Erweiterung des Gesetzestextes, die auch eine Anordnung durch Gerichte verbietet, wurde im Gesetzgebungsverfahren nicht umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Regelung in der Praxis auswirkt.

Weiterhin bleibt es möglich, dass ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift. Soweit zum Zwecke einer Registrierung Nutzerdaten erhoben werden, gelten für den Umgang mit diesen Daten jedoch die strengen Vorgaben des Datenschutzrechts. Die Einführung einer Registrierungspflicht will daher wohlüberlegt sein.

Sperranspruch gegen Betreiber eines WLANs

Um die Interessen von Rechteinhabern zu wahren, sieht das Gesetz zudem einen Sperranspruch für diese vor, den diese gegenüber Betreibern eines öffentlichen WLANs im Falle einer Rechtsverletzung gerichtlich geltend machen können. Damit soll verhindert werden, das über das jeweilige WLAN noch auf die rechtlich geschützten Inhalte zugegriffen werden kann.

Dabei stellt sich die Frage, ob sich solche Sperren in der Praxis umsetzen lassen und auch, ob diese effektiv sind. Hinsichtlich Sperrung bestimmter Ports am Router, um etwa den Zugang zu Peer-to-Peer Netzwerken zu verhindern, die auch den rechtswidrigen Austausch etwa von Mediendateien erlauben, wird dies vielfach bezweifelt. Ein Grund hierfür ist, dass die Peer-to-Peer-Technik auch für legale Angebote genutzt wird. Entsprechendes gilt für die Sperrung bestimmter Websites, so wenn über diese ein E-Book rechtswidrig zum Download angeboten wird.

Die Sperrung muss jedenfalls zumutbar und verhältnismäßig sein. Das entscheidende Gericht muss daher eine Abwägung der Interessen aller Betroffenen vor Anordnung einer Sperrung vornehmen. Zu berücksichtigen ist daneben auch die Gefahr des exzessiven Sperrens von Inhalten (sog. „Overblocking“), beispielweise, um Rechtsverletzungen vorzubeugen. Das Ziel, den freien Internetzugang zu fördern, könnte durch solch übermäßige Sperren konterkariert werden.

Sperren können schließlich nicht ohne weiteres beansprucht werden. Sie sind nur als ultima ratio zulässig, um eine Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern. Es darf also keine andere Möglichkeit zur Verfügung stehen, der Verletzung des jeweils betroffenen Rechts abzuhelfen. Rechteinhaber sind somit darauf verwiesen, primär gegen den Rechtsverletzer selbst vorzugehen.

Um WLAN-Betreibern auch in diesem Zusammenhang das Haftungsrisiko zu nehmen, sieht das Gesetz wiederum vor, dass diesen gegenüber keine Ansprüche auf Erstattung der vor- und außergerichtlichen Kosten geltend gemacht werden können. Es verbleibt damit erneut nur das Risiko, die Gerichtskosten tragen zu müssen.

Ab wann gelten die neuen Regelungen?

Es ist davon auszugehen, dass die neuen Regelungen in Kürze im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und in Kraft treten werden.

Anreiz zum offenen WLAN

Mit dem Gesetzentwurf gehören Haftungsrisiken für WLAN-Betreiber weitgehend der Vergangenheit an. Dies gilt jedenfalls für den Normalfall, dass die Betreiber nicht an einer Rechtsverletzung mitwirken. Damit wird ein Anreiz geschaffen, Dritten, wie etwa Kunden, einen Zugang zum eigenen WLAN zum Zweck der Internetnutzung zu gestatten.

Das verbleibende Risiko, gegebenenfalls Gerichtskosten für einen verlorenen Prozess zahlen zu müssen, dürfte durch die Neuregelung nur noch Ausnahmefälle betreffen und daher gering ausfallen. Daher ist von einer deutlichen Zunahme öffentlich zugänglicher WLANs auszugehen.

Tobias Born
Author

Tobias Born ist Senior Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern