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Produktpiraterie, Markenpiraterie, Fälschungen und Raubkopien – all diese Begriffe beschreiben ein weit verbreitetes Phänomen: Unbefugte Dritte kopieren Markenprodukte und bieten sie meist als vermeintliche Originalware an.

Der Schaden ist erheblich: Markeninhaber erleiden finanzielle Einbußen, ihre Marken und der Ruf ihrer Unternehmen leidet. Käufer gefälschter Produkte sind nicht nur verärgert, sondern oft auch gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Wie sich Markeninhaber gegen Produktpiraterie wappnen und was sie gegen begangene Rechtsverletzungen tun können, lesen Sie in diesem Artikel.

Was sind eigentlich Produktfälschungen bzw. Plagiate? Und was sind die Risiken?

Produktfälschungen oder Plagiate sind Produkte, die unter Verletzung fremder Rechte des geistigen Eigentums („IP-Rechte“) von Dritten ohne Zustimmung des Rechtsinhabers hergestellt werden. Die verletzten IP-Rechte können vielseitig sein. Neben Marken können auch Patente, Designs oder Urheberrechte verletzt werden. Am häufigsten kommen aber in der Praxis Markenrechtsverletzungen vor.

Von Plagiaten bleibt keine Branche verschont: Gefälscht werden nicht nur Smartphones, Parfums, Bekleidung und Taschen, sondern auch Medikamente und Bauteile für Maschinen. Dadurch entsteht ein beträchtlicher betriebswirtschaftlicher Schaden, und das Vertrauen der Verbraucher kann verloren gehen.

Da Plagiate meist nicht den geltenden Sicherheitsanforderungen entsprechen, bergen sie außerdem teils gesundheitliche Risiken für Verbraucher und auch Haftungsrisiken für Markeninhaber, deren Produkte gefälscht werden (z.B. nach dem Produkthaftungsgesetz).

Erschreckende Zahlen von Plagiaten

Der Handel mit gefälschter Markenware nimmt große Ausmaße an. Eine Studie aus dem Jahr 2016 beziffert den Wert importierter Produktfälschungen für das Jahr 2013 weltweit auf 461 Milliarden US Dollar (OECD/EUIPO (2016), „Trade in Counterfeit and Pirated Goods: Mapping the Economic Impact“, OECD Publishing, Paris).

Danach sind bis zu 5 Prozent der in die EU eingeführten Waren Plagiate. Allein deutsche Zollbehörden haben im Jahr 2016 Waren im Wert von etwa 180 Millionen Euro sichergestellt (Generalzolldirektion (2017), „Gewerblicher Rechtsschutz – Statistik für das Jahr 2016“, Bonn).

Angemessener Markenschutz bei Fälschungen

Nur mit einem angemessenen Schutz der Marken kann ein effektives Vorgehen gegen Produktfälschungen und Plagiate erreicht werden. Das Markenrecht gewährt dem Markeninhaber nur dort Schutz, wo auch tatsächlich eine Marke existiert. Daher ist eine an der Geschäftsstrategie ausgerichtete und zukunftsorientierte Markenstrategie wichtig.

Nicht nur nationale Marken können angemeldet werden, sondern auch Unionsmarken mit EU-weitem Schutz.

Welche Rechte haben Markeninhaber bei Produktfälschungen und Plagiaten?

Gegenüber gewerblichen Händlern von Produktfälschungen bzw. Plagiaten (etwa Online- Anbieter) können Markeninhaber verschiedene Ansprüche geltend machen. Dazu zählen besonders Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, aber auch Ansprüche auf Auskunft über den Umfang der rechtsverletzenden Handlungen sowie auf Rückruf und Vernichtung rechtsverletzender Waren.

Anders als die meisten ausländischen Rechtsordnungen bietet das deutsche Recht zudem einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Rechtsverfolgung, wenn Markeninhaber erfolgreich gegen eine Markenrechtsverletzung vorgehen.

Wie können die Rechte durchgesetzt werden?

Bei Produktfälschungen, die Rechte verletzen, stehen folgende Maßnahmen zur Verfügung:

  • Beweissicherung: Zunächst sollten durch entsprechende Dokumentation (z.B. Fotos der Fälschungen oder Screenshots der im Internet angebotenen Produkte) und einen Testkauf Beweise gesichert werden. Diese erleichtern das weitere Vorgehen und sind im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung oftmals entscheidend.

  • Abmahnung: In der Regel ist es ratsam, in einem nächsten Schritt den Rechtsverletzer mittels einer Abmahnung direkt zu kontaktieren. In der Abmahnung sollte der Verletzer zu einer zeitnahen Unterlassung (etwa des Anbietens der Produktfälschungen) aufgefordert werden.

  • Information der Online-Plattform: Werden die rechtsverletzenden Produkte auf einer Online-Plattform wie Amazon oder eBay angeboten, besteht in der Regel auch die Möglichkeit, die Plattformbetreiber darüber direkt zu informieren. Diese gehen meist schnell und gezielt gegen Rechtsverletzer vor, indem sie einzelne Angebote blockieren oder sogar ganze Accounts sperren (sog. „Notice and Take-Down-Verfahren“).

  • Gerichtliche Maßnahmen: Zeigt sich der Rechtsverletzer nicht einsichtig, bleibt oft nur noch, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vor den Zivilgerichten kann neben einer Klage auch im Wege des Eilrechtsschutzes vorgegangen werden. Auf entsprechenden Antrag hin wird eine einstweilige Verfügung meist binnen weniger Tage erlassen.

    Hier ist aber Vorsicht geboten: Sofern sich die einstweilige Verfügung im Nachhinein als unberechtigt erweist, hat der vermeintliche Verletzer Anspruch auf Schadensersatz.

    Alternativ oder auch ergänzend können Markeninhaber zudem einen Strafantrag stellen. Die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten kann vor allem dann sinnvoll sein, wenn die für ein zivilgerichtliches Verfahren erforderlichen Beweise (noch) nicht vorliegen.

Wie können Sie Produktfälschungen vorbeugen?

Produktpiraterie lässt sich wohl nicht gänzlich vermeiden. Denn mit der gleichen Geschwindigkeit wie Rechtsinhaber versuchen, ihre Produkte fälschungssicher zu machen, arbeiten Fälscher daran, diese Sicherungen zu umgehen und immer bessere Plagiate auf den Markt zu bringen.

Allerdings können Markeninhaber ihre Produkte durch verschiedene Maßnahmen für Fälscher unattraktiver machen:

  • Durch Einsatz von Echtheitszeichen werden „gute“ Fälschungen erschwert. Hierzu zählen etwa Seriennummern, Hologramme und Wasserzeichen. Markeninhaber können dadurch erreichen, dass sich Original und Fälschung leichter unterscheiden lassen, sowohl für ihre Kunden als auch für Behörden.
  • Einen weiteren Bestandteil der Vorbeugung stellt die Marktüberwachung dar. Neben der Überwachung der einschlägigen Messen sollten insbesondere auch die wichtigsten Online-Handelsplattformen überwacht werden. Spezialisierte Dienstleister erleichtern eine solche Überwachung.
  • Besonders effektiv sind auch Anträge auf Tätigwerden der Zollbehörden. Diese können bei der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz des Zolls über die Datenbank „ZGR-Online“ einfach und direkt über das Internet gestellt werden. Über dieses Portal können Markeninhaber Anträge nach der sog. „Produktpiraterie-Verordnung“ (Verordnung (EU) Nr. 608/2013) und solche nach deutschen Rechtsvorschriften (etwa dem Markengesetz) stellen. Für diese Anträge fallen seitens des Zolls keine Kosten an.

    Die Datenbank des Zolls ermöglicht es Markeninhabern Bilder ihrer Produkte und deren Verpackung zu hinterlegen, Transportrouten und Frachtführer anzugeben und Informationen zu Fälschungsmerkmalen zu übermitteln. So bekommt der Zoll die notwendigen Informationen an die Hand, um Produktfälschungen bereits an der Grenze aus dem Verkehr zu ziehen.

    Die Zollbehörden halten Waren an und informieren die Rechtsinhaber sowie den Einführer, wenn sie Waren ermitteln, die nach ihrer Einschätzung ein Recht des geistigen Eigentums verletzen. Sofern der Einführer nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen widerspricht, werden die Waren vernichtet. Zu einer Vernichtung kam es im Jahr 2016 in weit mehr als der Hälfte aller Verfahren (Generalzolldirektion (2017), „Gewerblicher Rechtsschutz – Statistik für 2016“, Bonn).

    Widerspricht der Einführer der Vernichtung, muss der Rechtsinhaber noch innerhalb der oben genannten zehn Arbeitstage ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung des Fälschungscharakters einleiten und den Zoll darüber informieren da die Waren sonst freigegeben werden. Abhängig vom Ausgang eines solchen gerichtlichen Verfahrens, werden die Waren dann vernichtet oder freigegeben.

    Neben dem beschriebenen Verfahren bietet die Produktpiraterie-Verordnung mit dem sog. Kleinsendungsverfahren einen noch einfacheren Weg, um rechtsverletzende Waren zu vernichten. Dieses Verfahren kommt jedoch nur in Betracht, wenn eine Post- oder Eilkuriersendung höchstens drei Einheiten enthält oder ein Bruttogewicht von weniger als 2 kg hat.

  • Außerdem sollte sich der Rechtsinhaber die relevanten Internetdomains sichern. Insbesondere kann durch Registrierung der zentralen Marken unter den wichtigsten Top-Level-Domains (etwa .de und .com) vermieden werden, dass Dritte diese besetzen, um darüber gefälschte Waren anzubieten.Im Bereich von Social Media-Plattformen (z.B. Facebook und Twitter) sollten ebenfalls Unternehmenspräsenzen gesichert werden, um auch hier einem Missbrauch vorzubeugen.

Besser Vorsicht als Nachsicht

Ein absoluter Schutz gegen Produktpiraterie existiert nicht. Markeninhabern steht aber ein breites Instrumentarium an Maßnahmen zur Verfügung, um Produktpiraterie vorzubeugen und begangene Rechtsverletzungen effektiv verfolgen zu können.

Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählt ein angemessener Markenschutz ebenso wie eine konsequente Marktüberwachung und ein Antrag auf Tätigwerden der Zollbehörden. Sobald Fälschungen von Produkten auffallen, sollte der Rechtsinhaber nach der Sicherung von Beweisen den Verletzer abmahnen.

Abhängig von dessen Reaktion sollte dann über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nachgedacht werden. Da die deutschen Behörden und Gerichte erfahrungsgemäß dazu tendieren, auf Seiten der Rechtsinhaber zu stehen, haben diese gute Chancen, ihre Rechte in Deutschland schnell und effektiv durchzusetzen.

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Author

Philip Schmitz ist Associate bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern

Author

Philipp Engert ist Law Clerk bei Baker McKenzie.