Search for:

Die chinesische Regierung hat zuletzt eine Fülle ambitionierter und wegweisender Initiativen beschlossen. Viele der Programme wirken sich auch auf die hiesige Wirtschaft und Investitionen in Deutschland aus. Wenn Sie regelmäßig mit chinesischen Geschäftspartnern in Kontakt stehen, sollten Sie zwei der wichtigsten dieser Initiativen kennen.

 „Ein Gürtel, eine Straße“

Die Seidenstraße, eine der bedeutendsten antiken Handelsrouten zwischen Asien und Europa, soll wieder aufleben. 2013 rief sie der Staatspräsident der Volksrepublik China, Xi Jinping zu neuem Leben. Da die neue Seidenstraße ein Netzwerk von Handelsrouten sowohl zu Land als auch zu Wasser darstellen soll, wurde der Initiative der Name „ein Gürtel, eine Straße““ verliehen („One Belt, one Road“, abgekürzt: OBOR): Der Gürtel bzw. das Band soll die Handelswege zu Land beschreiben, die Straße soll die maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts repräsentieren.

Welche Bedeutung die chinesische Regierung der Initiative beimisst, verdeutlicht das „Belt and Road Forum“, das kürzlich in Peking stattfand: Der Staatspräsident Xi Jinping eröffnete das Forum höchstpersönlich, gemeinsam mit zahlreichen Regierungsmitgliedern. Seiner Einladung folgten auch Staats- und Regierungschefs aus über dreißig Ländern, darunter auch viele EU-Staaten. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Konzept der neuen Seidenstraße?

Eine Myriade an Infrastrukturprojekten

Während die antike Seidenstraße vornehmlich ein Netzwerk aus Handelsrouten auf dem eurasischen Kontinent darstellte, ist die neue Seidenstraße auf den ersten Blick eine Myriade von Infrastrukturprojekten. Zu den Handelsrouten, die die neue Seidenstraße ausmachen, gehört z.B. die von der DB Schenker Rail AG betriebene Güterzugverbindung Yu’Xin’Ou.

Daneben prägen vor allem zahlreiche Infrastrukturprojekte in Asien, Europa und Afrika die neue Seidenstraße. Dabei spielen chinesische Banken und Infrastrukturunternehmen oft eine bedeutende Rolle. Aber gerade durch die Diversität der Einzelprojekte ist die Initiative interessant und auch rechtlich komplex.

Die Anzahl der Projekte der neuen Seidenstraße dürfte mittlerweile bereits im vierstelligen Bereich liegen. Hierzu zählen Autobahnen, Brücken, Bahnverbindungen, Häfen u.v.m.. Den Anstoß finden die Projekte häufig in bilateralen Abkommen zwischen China und den entsprechenden Ländern entlang der neuen Seidenstraße. Finanziert werden die Projekte oft durch ein Zusammenspiel (staatlicher) chinesischer und lokaler Banken. Häufig findet man Joint Ventures chinesischer und lokaler Unternehmen.

Das enorme Potenzial der Initiative verdeutlichen die verschiedenen Finanzierungsquellen: Allein der „Silk Road Fund“, den die chinesische Regierung aufsetzte, verfügt über ein Kapital von 40 Milliarden US-Dollar. Außerdem gewähren chinesische (staatliche) Banken im großen Stil Finanzierungen für entsprechende Projekte.

Für die beteiligten Akteure sind die Projekte anspruchsvoll wie spannend: Oft haben die Projekte eine politische Dimension, sind aber in den rechtlichen Kontext zwischen China und dem Investitionsland anzupassen. Eine besondere Herausforderung ist das europäische Vergaberecht, dass für staatliche Projekten in EU-Mitgliedsländern relevant ist.

Made in China 2025

Einer Studie des chinesischen Telekommunikations-Unternehmens Huawei aus 2016 zufolge, denken 66 Prozent der Chinesen beim Thema Deutschland an eine starke Wirtschaft, 30 Prozent an Industrie und Technologie und immerhin 13 Prozent an Produkte „Made in Germany“.

Umgekehrt denken nach der Studie etwa 34 Prozent der Deutschen beim Thema China an eine Wirtschaftsmacht, während sie die übrigen Attribute nicht mit China assoziieren. Geht es nach der chinesischen Regierung, so soll sich dieses Bild im Jahr 2025 bereits wandeln. Denn Ziel des Aktionsplans „Made in China 2025“ ist es, die Wahrnehmung chinesischer Produkte stetig zu verbessern.

Der 2015 vorgestellte 10-Jahres-Aktionsplan „Made in China 2025“ stellt nur den Anfang dar: Ihm sollen zwei weitere Aktionspläne folgen, mithilfe derer „Made in China“ im Jahr 2049, dem hundertjährigen Jubiläum der Gründung der Volksrepublik China, zu einem Gütesiegel für verlässliche und innovative Produkte gereift sein soll.

Das Unternehmen Huawei könnte selbst als Vorreiter dieser Entwicklung gesehen werden: War das chinesische Unternehmen laut besagter Umfrage 2014 nur 21 Prozent und 2012 gar 12 Prozent der befragten Deutschen ein Begriff, so kam es in 2016 bereits auf einen Bekanntheitswert von 30 Prozent.

Ähnlich wie die Initiative „ein Gürtel, eine Straße“ birgt auch „Made in China 2025“ ein enormes Potential für die hiesige M&A-Landschaft: Um die im Aktionsplan gesetzten Ziele zu erreichen, hat die chinesische Regierung verschiedene Fonds aufgesetzt, die Investitionen in High-Tech-Industrien ermöglichen sollen.

Hierzu zählen z.B. der Advanced Manufacturing Industry Investment Fund mit einem Ausgangs-Volumen von 20 Milliarden CNY und der National Integrated Circuit Industry Investment Fund mit einem kolportierten Volumen von 120 Milliarden CNY.

Zwei Initiativen und eine Fülle von Projekten

Beiden Initiativen sind ambitioniert und in China allgegenwärtig. Die Erfahrung der ersten Jahre zeigt bereits, dass sie weit mehr als politische Strategien der chinesischen Regierung darstellen. Sie haben das Potenzial, die globale Investitionslandschaft erheblich zu prägen.

Zahlreiche Investitionsprojekte zwischen Asien und Europa oder Afrika lassen sich bereits jetzt mit „ein Gürtel, eine Straße“ oder „Made in China 2025“ in Verbindung bringen. Auch wenn sich das gesamte Transaktionsvolumen chinesischer Investitionen 2017 gegenüber dem Rekordjahr 2016 zu verringern scheint, bleibt „One Belt, One Road“ ein Treiber chinesischer Outbound Investitionen.

 

Author

Christian Atzler ist Corporate/M&A Partner bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern