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Künstliche Intelligenz (KI bzw. AI) ist bereits seit Jahren in den Forschungsabteilungen von Wirtschaftsunternehmen sowie IT- und Risikoabteilungen von Finanzdienstleistern präsent. Welche Trends den technologische Fortschritt antreiben, zeigt die neue Studie Ghosts in the Machine: Revisited von Baker McKenzie.

Dahinter steht die spannende Frage, wie Banken und Finanzdienstleister den Bereich Künstliche Intelligenz wahrnehmen und wie sie sich zukunftssicher aufstellen. Dazu gehen Banken, Versicherungen und andere Finanzdienstleister eine Reihe von Themen an.

Diese reichen von einer klar formulierten KI- und Datenmanagement-Strategie mit der Benennung von Verantwortlichen bis hin zur Entscheidung, wo die eigenen KI-Anstrengungen zu planen sind. Darüber hinaus sind eine kundenzentrierte Arbeitsweise sowie Kooperationen mit Innovationszentren und Inkubatoren nötig. Hier entsteht das nötige Knowhow für die Programmierung von Algorithmen. Dies bestätigt die Baker McKenzie-Studie:

Die Studie basiert auf einer Umfrage unter 355 Führungskräften aus dem weltweiten Finanzdienstleistungssektor und schreibt die Baker McKenzie Studie aus dem Jahr 2016 fort. Mehr als 52 Prozent der 355 befragten Führungskräfte erwartet eine Effizienzsteigerung in ihren Unternehmen als Folge von Machine Learning (ML) und KI. Im Jahr 2016 lag dieser Wert noch bei 39 Prozent.

Auch die Erwartungen bzgl. einer erhöhten Kundenzufriedenheit steigen von 20 auf 42 Prozent. Im Vorteil sind Finanzdienstleister in Jurisidiktionen mit zukunftsorientierten und KI gegenüber positiv eingestellten Regulierungsbehörden.

Dies sind Anzeichen eines nachhaltig wachsenden Vertrauens und langfristig auch ein Indikator für vermehrte Investitionsbereitschaft.

Wachstumspotential: Risikomanagement, Trading und Finanzanalyse

Heute wird Künstliche Intelligenz vor allem in den Bereichen Finanzanalyse/Research und der unternehmenseigenen IT genutzt. Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten sieht für die kommenden drei Jahre in den Bereichen Risikomanagement, Trading und Finanzanalyse Wachstumspotential.

Kundenseitig sind die Sektoren mit den größten Entwicklungsmöglichkeiten mobile Bezahldienste und Vermögensverwaltung. Zentrale Faktoren, die Einfluss auf die langfristige Entwicklung der Branche haben, sind: Datenmanagement, rechtliche und ethische Risiken sowie Herausforderungen bei der Implementierung.

Datenmanagement

Wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist neben dem technologischen Fortschritt auch die Menge an Daten, die im Kundenkontakt und im eigenen Unternehmen gesammelt werden. Ein weiterer Treiber ist die Fähigkeit, diese Daten kostengünstig zu speichern und zu bearbeiten.

Mittlerweile hat nicht nur die Ansammlung von Kapital einen ökonomischen Vorteil für die Unternehmen, sondern auch die Ansammlung von Daten. Denn diese ist die Grundlage für eine strategische Planung und Monetisierung von Daten.

Insbesondere Informationen über eigene Unternehmensabläufe und Kundendaten lassen sich langfristig strategisch nutzen, um so neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und Prozesse zu optimieren. Kundenorientierte Anwendungen gelten heute als einer der Schlüsselbereiche für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Finanzbranche.

Im Jahr 2016 sahen nur 20 Prozent der Umfrageteilnehmer als das größte Potenzial der KI ihre Fähigkeit an, das Kundenerlebnis zu verbessern. Im Jahr 2018 hat sich diese Zahl mit 42 Prozent mehr als verdoppelt. Kein anderes Segment verzeichnete in nur zwei Jahren einen so starken Sprung.

 

Rechtliche Unsicherheiten

Allerdings bestehen noch große Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Risiken bei der Nutzung neuer Technologien. Über 50 Prozent der befragten Akteure geben zu, dass sie rechtliche Risiken nicht greifen können.

Die wichtigsten rechtlichen Herausforderungen liegen laut Baker McKenzie Partnerin Sue McLean in den Bereichen Compliance, Datenschutz und IP. Ihrer Ansicht nach sollen Rechtsabteilungen eng mit der Unternehmensführung an diesen Themen arbeiten, um früh strategische KI-Lösungen zu entwickeln.

Insbesondere das Thema Datenschutz ist hierbei entscheidend. Wie der Finanzdienstleister, der Algorithmus oder der Kooperationspartner bestimmte Daten nutzen darf und kann, wird sich jedoch erst in der Zukunft klären.

 

 

Ethische Risiken beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz

Im Fokus einer breiten Öffentlichkeit stehen ethische Fragestellungen. Sie machen einen wesentlichen Teil der Meldungen über Machine Learning und Künstliche Intelligenz aus. Dies ist ein Widerspruch zur gelebten Realität der Organisationen im Finanzsektor: Denn nur 7 Prozent der Befragten sehen ethische Bedenken tatsächlich als Hindernis für die Einführung von Künstlicher Intelligenz.

Eine Mehrheit der KI-Nutzer glaubt entweder nicht, dass ihre Verwendung von KI ethische Risiken auslösen würde (34 Prozent) oder räumt ein, dass es ethische Bedenken gibt, aber dass sie nicht darauf eingehen (22 Prozent).

Laut ASIC (Australian Securities Investments Commissions)-Kommissar John Price nehmen die Regulierungsbehörden ethische Risiken jedoch sehr ernst. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf Verzerrungen bei der Programmierung von Algorithmen, die in Datensätzen auftreten können.

 

 

Proaktive Regulierungsbehörden

Zukunftsorientierte Regulierungsbehörden sind – so die Befragten – proaktiv und formulieren klare und sinnvolle KI-Richtlinien für die Finanzmärkte. Dies wird für die befragten Finanzdienstleister immer wichtiger.

Andere Regulierungsbehörden scheinen jedoch in ihrem Denken weiter zurückzubleiben und schweigen weitgehend über die potenziellen Einsatzmöglichkeiten und den Missbrauch der KI-Technologie. Dies macht die Regulierungslandschaft für international tätige Unternehmen unsicher.

Herausforderungen bei der Implementierung von Künstlicher Intelligenz

In den letzten beiden Jahren hat die Branche eine Reihe neuer Anwendungen und Lösungen entwickelt; KI-gesteuerte Modelle sind teils zur Marktreife perfektioniert worden. Doch der Einsatz dieser Instrumente entspricht noch lange nicht dem optimalen Ergebnis. Noch gibt es technologische Grenzen.

Für 50 Prozent der Befragten sind die Kosten der Implementierung von KI-Lösungen die größte Hürde. Es ist jedoch noch nicht gelungen, die Fixkosten zu senken. Ein weiterer Hinderungsgrund ist das Fehlen gut ausgebildeter und kreativer Fachleute. Dieser Fachkräftemangel ist in nahezu allen Digitalisierungsbranchen zu beobachten.

Industrieökonomische Implikationen für die Zukunft der Branche

Die Befragung zeichnet ein deutliches Bild der Erwartungen im Finanzsektor: Im Gegensatz zum medialen Hype um das Thema Künstliche Intelligenz sind sich 42 Prozent der Umfrageteilnehmer einig, dass die Nutzung von KI in den letzten zwei Jahren weniger stark gewachsen ist als erwartet.

Einen größeren Wachstumsschub hinsichtlich der Technologie und der Nutzung erwarten sie erst in den kommenden Jahren.

 

 

Künstliche Intelligenz ist ein stark wachsender Bereich und birgt eine Vielzahl an Möglichkeiten und Geschäftsansätzen. Zurzeit positionieren sich noch die Akteure der Branche. Man sollte die Gunst der Stunde nutzen und sich einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Anna Dirksen
Author

Anna Dirksen beschäftigte sich im Rahmen ihres volkswirtschaftlichen Studiums mit Innovationsräumen und analysierte Innovationsverhalten von Organisationen. Daneben ist sie Organisatorin der kanzleiweiten Legal Tech Lecture bei Baker McKenzie, die sich mit Themen des technologischen Wandels in der Rechtsberatung beschäftigt und über Videokonferenzen in alle deutschen und österreichischen Büros ausgestrahlt wird.