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Unternehmen sind gut beraten, Fremdpersonal rechtskonform einzusetzen. Andernfalls drohen Scheinselbständigkeit oder verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Dazu kommt der zunehmende Kontrolldruck der Behörden. Ein Compliance-System beugt Rechtsverstößen beim Einsatz von Fremdpersonal vor und schützt vor strafrechtlicher Haftung.

Theoretisch könnten Unternehmen ihre Compliance künftig erhöhen, indem sie völlig auf Fremdpersonaleinsätze verzichten. Sie könnten in dem Fall nur auf Arbeitnehmerüberlassung setzen. Praktisch würde das aber nicht den Bedürfnissen aller Unternehmen gerecht werden.

Hürden: Überlassungshöchstdauer und hoch dotierte Freiberufler

Ein Hindernis ist oft die gesetzliche Überlassungshöchstdauer. Tarifvertraglich ist es zwar zulässig, die gesetzliche Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten auszuweiten. Allerdings gibt es derzeit noch keine flächendeckenden Ausnahmeregelungen.

Außerdem möchten viele Freiberufler nicht in ein Anstellungsverhältnis wechseln – v.a. nicht in eines mit einer Zeitarbeitsagentur. Das gilt besonders für die IT- und Engineering-Branche, in der hochqualifizierte Spezialisten ihre Leistungen zu sehr hohen Stunden- oder Tagessätzen anbieten können.

Daher sind zahlreiche Unternehmen auf die Dienste von Freiberuflern auf Basis von Dienst- oder Werkverträgen angewiesen.

Hier helfen Compliance-Systeme

Für Unternehmen ist ein umfassendes Compliance-System ein Muss: Mit diesem können sie den rechtlichen Anforderungen gerecht werden. Die damit verbundenen Risiken einer Scheinselbständigkeit oder illegalen Arbeitnehmerüberlassung halten sie so gering wie möglich.

Ziel eines Compliance-Systems ist, Rechtsverstöße beim Einsatz von Fremdpersonal zu vermeiden und vor strafrechtlicher Haftung zu schützen, falls es zu einem Rechtsverstoß kommen sollte.

Trotz eines Compliance-Systems kommt es bei vielen Fremdpersonaleinsätzen vor, dass vereinzelt ein Fremdmitarbeiter aus Versehen zu tief in ein Unternehmen eingegliedert wird. Solange dies versehentlich geschieht und nachzuweisen ist, dass das Compliance-System gut implementiert ist und funktioniert, führt das i.d.R. zu keinen oder nur geringeren strafrechtlichen Konsequenzen.

Elemente eines Compliance-Systems

Ein effektives Compliance-System setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

  • Präventive Maßnahmen, die Rechtsverstöße verhindern
  • Maßnahmen, die überwachen, ob das Compliance-System eingehalten wird
  • Maßnahmen, die überprüfen, ob das Compliance-System wirksam ist

Präventive Maßnahmen verhindern Rechtsverstöße

Um Rechtsverstöße beim Einsatz von Fremdpersonal zu verhindern, sollten Unternehmen Richtlinien einführen, die für den gesamten Konzern gelten.

Das Fremdpersonal darf nicht – wie eigene Arbeitnehmer – weisungsabhängig oder in die betriebliche Organisation des Unternehmens integriert eingesetzt werden. Würden Prüfungen der Behörden das feststellen, wäre die Feststellung einer Scheinselbständigkeit oder verdeckten Arbeitnehmerüberlassung die wahrscheinliche Folge.

Geeignete Strukturen zum Einsatz von Fremdpersonal stellen sicher, dass interne und externe Mitarbeiter nicht arbeitsteilig tätig werden. I.d.R. wird eine deutliche Aufgabentrennung nötig sowie klare Kommunikationskanäle festzulegen sein. Somit können unzulässige Weisungen vermieden werden.

Außerdem sollte das Unternehmen organisatorische Maßnahmen vorsehen, die auf den ersten Blick erkennen lassen, bei welchen Personen es sich um interne und bei welchen Personen es sich um externe Mitarbeiter handelt (z.B. Vor-Ort-Tätigkeit nur, soweit zur Erfüllung der Aufgabe notwendig).

Mitarbeiter schulen

Eine Richtlinie ist immer nur so wirksam, wie die Mitarbeiter sie verstehen. Deshalb ist es wichtig, alle Mitarbeiter eines Unternehmens, die mit Fremdpersonaleinsätzen in Berührung kommen, im Hinblick auf die Vorgaben der Richtlinien zu schulen.

Das gilt v.a. für die Fachbereiche, die Fremdpersonal anfordern. Sie müssen verstehen, wo die Grenzen in der Projektplanung liegen und wie sie ggf. Alternativen für einzelne Projekte planen können.

In der Praxis ist das besonders für agile Projekte relevant. Dort zeigt sich häufig, dass eine Trennung von externen und internen Mitarbeitern schwer möglich ist und ggf. ein vollständiges Outsourcing von agilen Entwicklungsleistungen erforderlich wird.

Zudem müssen Mitarbeiter lernen, der Einkaufsabteilung, idealerweise systemunterstützt, geeignete Leistungsbeschreibungen für die Beauftragungen vorzubereiten.

Externen-Management und Vendor-Management-System

In der Praxis bewährt sich, für die Implementierung eines Compliance-Systems ein sog. zentrales Externen-Management aufzubauen. Dieses setzt sich aus geschulten Personen mit Entscheidungskompetenzen zusammen. Idealerweise sollte jede Beauftragung von Fremdpersonal unter dem Vorbehalt stehen, dass das Externen-Management diese freigibt.

Aus Compliance-Aspekten ist es wichtig, ein solches Externen-Management mit ausreichend Budget und Personal auszustatten. Nur dann kann es seine Aufgaben effektiv wahrnehmen und es droht bei einer behördlichen Prüfung, v.a. durch die Staatsanwaltschaft, nicht der Vorwurf bloßer „Scheinmaßnahmen“.

Zudem muss auch die Einkaufsabteilung des Unternehmens stets über die laufenden Fremdpersonaleinsätze informiert sein, z.B. über ein zentral eingesetztes Vendor-Management-System. Dazu zählen u.a. die externen Personen, die tätig werden, die Vertragspartner, die Art der Aufgaben, die Dauer der Einsätze, der Leistungsort und die Vergütung.

So kann man z.B. ungewollte Doppelbeauftragungen eines Freiberuflers in unterschiedlichen Fachbereichen vermeiden. Ferner benötigt die Einkaufsabteilung Transparenz über zuverlässige und leistungsfähige Dienstleister oder Werkunternehmer (sog. Preferred Supplier).

Compliance-System einhalten und kontrollieren

Ein Compliance-System kann nur dann wirksam sein, wenn dessen Einhaltung auch überwacht wird. Andernfalls wird es auch behördlichen Überprüfungen nicht standhalten. Hierfür sind regelmäßige, nachvollziehbare Kontrollen nötig.

Die Überwachungsmaßnahmen sollten zudem durch ein datenschutzrechtlich geprüftes Whistleblowing-System ergänzt werden. So können Unternehmen auch dann Rechtsverstöße erkennen und korrigieren, wenn sie von den regelmäßigen Überwachungen nicht erfasst werden.

Falls Unternehmen Verstöße gegen die Fremdpersonal-Richtlinie feststellen, sollten sie geeignete disziplinarische Maßnahmen gegen die jeweiligen Mitarbeiter prüfen und ergreifen. Solange Verstöße folgenlos bleiben, fehlt es einer Richtlinie an der nötigen Effektivität.

Gerade vor diesem Hintergrund sind Schulungen der Mitarbeiter wichtig. Unternehmen können Sanktionen regelmäßig nur ergreifen, wenn die Regelungen klar sind und ein Verstoß gegen diese vorwerfbar ist.

Weniger Risiken mit effektiven Compliance-Systemen

Im täglichen Betrieb eines Compliance-Systems ist es wichtig, die Effektivität des Compliance-Systems permanent zu überprüfen. So können Unternehmen Lücken im System schnellstmöglich erkennen und entsprechend gegensteuern.

Damit das funktioniert, muss die Compliance-Abteilung über die laufenden Einsätze und das Risikopotential informiert sein. Sie kann auf ein Analysetool zurückgreifen, das eine Schnittstelle zum Vendor-Management-System hat. Aus den hierüber generierten Daten kann eine fortlaufende Risikoanalyse erstellt werden.

Dies ist z.B. mit Hilfe des „Compliance Cockpit“ von Baker McKenzie möglich, ein Instrument zur Risikoanalyse und -überwachung. Damit kann ein Unternehmen alle relevanten Informationen über den Status des Compliance-Programms und die Risikoexposition aus mehreren Quellen sammeln und anhand von vordefinierten Algorithmen analysieren.

Die Auswertungen werden in einem interaktiven Dashboard präsentiert, um der Compliance-Abteilung und der Geschäftsführung eine bessere Risikosteuerung und Allokation von Ressourcen zu ermöglichen. Ein lohnender Einsatz.

Author

Michael Kalbfus ist Counsel bei Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern